Stimm- und Sprachprobleme in der SPÖ
Normalerweise sind Abstimmungen im Parlament keine allzu große Sache, sobald niemand mehr zu Wort gemeldet ist und ausreichend Abgeordnete im Sitzungssaal anwesend sind. Je nachdem, ob sie einen Antrag annehmen oder ablehnen wollen, müssen die Abgeordneten aufstehen oder sitzenbleiben. Dann wird mit freiem Auge durchgezählt.
Als am Mittwoch über das Energieeffizienzgesetz abgestimmt wurde, dauerte es allerdings länger. Die Funktion des Durchzählers wurde Ralph Schallmeiner von den Grünen zuteil. Er wollte dem Nationalratspräsidenten Sobotka schon sein Ergebnis übermitteln, als Unruhe im Sitzungssaal ausbach. „Die schummeln!“ rief jemand von den Abgeordnetenbänken. „Wos jetzt?“ entgegnete Schallmeiner genervt, aber es half nichts, er musste nochmal zählen, denn: Immer wieder kamen Abgeordnete in den Sitzungssaal dazu. Die respektiven Klubchefs Leichtfried (SPÖ) und Wöginger (ÖVP) gifteten sich über die Reihen hinweg an, ob man die dazugekommenen Stimmen bei der SPÖ mitzählen solle oder nicht, bis der Nationalratspräsident schließlich zu einer namentlichen Abstimmung aufrief, bei der die Abgeordneten Stimmzettel in eine hölzerne Urne warfen.
Am Ende stand auf das Stimmchaos ein Sieg für die Sozialdemokraten. Mit 107 Für- und 59 Gegenstimmen wurde die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht erreicht, das Gesetz also abgelehnt. Die SPÖ befürwortet zwar die Klimaschutzgesetze, will sich die Zustimmung aber abkaufen lassen und fordert im Gegenzug Maßnahmen gegen die Teuerung. Ergebnis der roten Blockade: Es gibt vorerst gar keine Beschlüsse, weder für das Klima, noch gegen die Teuerung.
Um ein anderes Stimm- beziehungsweise Sprachproblem ging es am Mittwoch auch in einem weitaus kleineren politischen Gremium. Die Sitzungen des Linzer Gemeinderates werden live gestreamt, seit Jänner sind die Aufzeichnungen dann auch im Nachhinein abrufbar. Das Bündnis Linz+, eine „unabhängige Bürgerliste“ unter Ex-NEOS-Politiker Lorenz Potocnik, sieht jedoch gehörlose Menschen ausgeschlossen. Anders als beispielsweise bei Nationalratssitzungen gibt es hier keine Gebärdensprachdolmetscher:innen - deswegen stellte das Bündnis am Mittwoch eine Anfrage an Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ), warum keine Live-Transkriptions-Programme angewendet werden.
Luger berief sich in seiner Antwort in der Gemeinderatssitzung darauf, dass die gängigen Transkriptionssoftwares den oberösterreichischen Dialekt ohnehin nicht erfassen würden. „Sobald frei und etwas schneller - das soll ja auch schon hier geschehen sein - oder sogar im Dialekt argumentiert wird, wird der angezeigte Text exzessiv fehlerhaft,“ führt Luger an. Vorgetragen hat er seine Antwort in recht klarem Hochdeutsch.
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Ein schönes Wochenende wünscht
Lena Leibetseder