Wien

Strengere Airbnb-Regeln: Kein Sommer für Immo-Haie

Warum die Stadt Wien ab kommender Woche die Regeln für die Vermietung von Wohnungen an Touristen verschärft – und wie sie mit einer neuen Einheit alle aufspüren will, die sich nicht daran halten.

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Was Touristen als „authentischen Aufenthalt unter Locals“ schätzen, empfinden die meisten Einheimischen als Zumutung: Stefan Schmitz weiß, was es heißt, wenn das eigene Wohnhaus schleichend zu einem Airbnb-Hotel umfunktioniert wird, weil der neue Eigentümer der Immobilie mit der Kurzzeitvermietung doppelt bis dreimal so viel verdienen kann wie mit der Miete.

Das Haus am Wiener Franz-Josefs-Kai in Fußnähe zu den Sehenswürdigkeiten der Innenstadt könnte sich bei vollständiger touristischer Nutzung zur Goldgrube für den Investor entwickeln.

Mit den alteingesessenen Mietern kommuniziert der Hauseigentümer kaum. Was er im Schilde führt, ist aber ohnehin offensichtlich. Wenn eine Familie aus dem Haus auszieht, kommen zuerst die Bauarbeiter und wenig später rattern die Koffer der Touristen durch das alte Stiegenhaus. Oder die Urlauber läuten spätnachts bei Familie Schmitz und den anderen Bewohnern Sturm, weil sie den Safe für die Schlüssel nicht finden, der neben der Eingangstür montiert wurde. profil berichtete vor einem Jahr erstmals über das Haus, in dem Schmitz wohnt.

Knapp 10.000 Airbnb-Wohnungen gibt es in ganz Wien. Ursprünglich war die Plattform zur Vermietung ungenutzter Extrazimmer oder für Zwischenmieten gedacht. Doch im vergangenen Jahrzehnt entdeckten immer mehr gewerbliche Anbieter das Geschäftsmodell für sich. Sie modelten Wohnungen in touristische Apartments um – und verknappten den ohnehin schon engen Wohnungsmarkt in der Bundeshauptstadt weiter.

Ab 1. Juli verschärft die rot-pinke Wiener Stadtregierung ihre Gangart gegenüber den Vermietern. Betroffen sind alle, die ihre Wohnungen länger als 90 Tage pro Jahr über Airbnb, Booking und andere Plattformen anbieten wollen. Ab dieser Schwelle geht die Stadt von einer gewerblichen Nutzung aus und verlangt eine Ausnahmebewilligung, um die bei der MA 37 (Baupolizei) angesucht werden muss. 

Künftig dürfen maximal 50 Prozent der Wohnungen eines Hauses dauerhaft kurzzeitvermietet werden, in Wohnzonen gar nur 20 Prozent. Voraussetzung ist außerdem die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer eines Hauses.

Am härtesten trifft die Verschärfung Menschen, die Wohnungen in Häusern mit verschiedenen Eigentümern besitzen. Sie müssen der Stadt in Zukunft von allen anderen Eigentümern Einverständniserklärungen für ihre Pläne zur Kurzzeitvermietung vorlegen – und die werden wohl schwer zu bekommen sein. Unter dieser Gruppe der kleinen Immo-Fische ist die Kritik am Vorhaben am lautesten.

Das Büro der zuständigen SPÖ-Stadträtin Kathrin Gaal kündigt jedenfalls strengere Kontrollen an: Ab kommender Woche soll eine neue Stelle zur Verfolgung von nicht bewilligten Kurzzeitvermietungen Jagd auf illegale Vermieter machen. Die Arbeit wird sich schwierig gestalten, denn Airbnb teilt die Daten seiner Vermieter nicht mit den Behörden. Dadurch dauert es oft lange, bis verbotene Kurzzeitvermietungen, etwa von Gemeindebauwohnungen, auffliegen.

Gaals Sprecher erklärt auf profil-Anfrage, dass „derzeit bereits viele Anzeigen über illegale Vermietungen vorliegen“. Die neue Spezialeinheit will – neben Probebuchungen von Wohnungen – auch durch die Bilder und Beschreibungen auf den Plattformen auf konkrete Gebäude schließen und dort bevorzugt kontrollieren. Zum Personalstand der Stelle hält sich die Stadt noch bedeckt.

Ob sich der große Immobilienentwickler vom Franz-Josef-Kai von den neuen Regeln abschrecken lässt? Die Mieter bezweifeln es.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.