Sudan: Am Rande eines Bürgerkriegs?
Die Nachricht kam am Samstag. Schwarzer Rauch über Khartum. Kampfflugzeuge donnern über Wohngebiete. Im Sudan, ein Land mit 45 Millionen Menschen, sind am Wochenende schwere Kämpfe zwischen der Armee und paramilitärischen Kräften ausgebrochen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind bislang mehr als 100 Menschen getötet und über 1.110 verletzt worden. Krankenhäuser sind überlastet, es fehlt an Blutkonserven, der Strom geht aus. Am schlimmsten aber ist: Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat seine Arbeit eingestellt, nachdem drei ihrer Mitarbeiter getötet wurden. Bereits vor dem Konflikt war mehr als ein Drittel der Kinder im Land auf Hilfsgüter angewiesen. Der militärischen Elite, die sich hemmungslos und ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung bekriegt, scheint das egal zu sein.
Zwei Generäle klammern an der Macht
Hintergrund des Konflikts ist ein Machtkampf zwischen zwei Männern, genauer gesagt zwischen zwei Generälen. Auf der einen Seite steht die Armee des De-facto Machthabers Abdel Fattah al-Burhan. Auf der anderen Seite steht sein Stellvertreter Mohammed Daglo, bekannt unter dem Namen Hemedti. Letzterer ist der Anführer der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF), der zirka 100.000 Mann angehören. Die Gruppe wurde für Massenvergewaltigungen und andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht.
Armee gegen Paramilitärs
Beide Generäle haben nach dem Sturz des Langzeitdiktators Umar al-Baschir die Macht an sich gerissen und die Hoffnung auf einen demokratischen Wandel immer wieder hinausgezögert. Eigentlich soll die Militärherrschaft die Macht an eine rein zivile Regierung abgeben. Doch das entsprechende Abkommen trat nie in Kraft. Vielleicht, weil sich die beiden Generäle selbst nicht einig sind. Denn eigentlich hätte die „RSF“ in die sudanesische Armee eingegliedert werden sollen. Ihr Anführer sträubt sich, denn damit würde er auch an wirtschaftlicher Macht einbüßen. Seine Miliz kontrolliert viele Goldminen im Sudan.
Unklar, wer zurzeit Oberhand hat
„RSF“ wie auch die regulären Streitkräfte sind in weiten Teilen des Landes parallel aktiv. Wer sich bei den Gefechten durchsetzt ist unklar. Armee und „RSF“ sollen Berichten zufolge relativ gleich stark sein. Beide Seiten verbreiten Erfolgsmeldungen und setzen auf Konfrontation. „RSF“-Anführer Daglo drohte, sein Rivale werden entweder gefangengenommen oder müsse „sterben wie ein Hund“. Das Militär ließ verkünden, dass es keine Verhandlungen mit der „RSF“ geben werden. Zumindest die internationale Gemeinschaft hat eine klare Botschaft. Die EU, die Afrikanische Union, die UNO, Russland, die Arabische Liga: Sie alle fordern ein Ende der Kämpfe. Gestern fand zudem eine Sitzung des UN-Sicherheitsrat statt. Die Militärs, die ihr Land gerade in einen Bürgerkrieg führen, scheint das egal zu sein.