Taylor Swift steht auf der Bühne und singt
Morgenpost

Nach der Absage: Wie Swift-Konzerte das Budget saniert hätten

Karl Nehammer und Andreas Babler wollen mehr Wirtschaftswachstum erzwingen. Die Swiftonomics hätten geholfen.

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Wie früher aufs Christkind warteten zehntausende junge Menschen in den vergangenen Wochen voller Vorfreude auf ihre Erlöserin. Gestern, kurz vor 22 Uhr, kam die unfrohe Botschaft: Alle drei Konzerte von US-Superstar Taylor Swift im Ernst-Happel-Stadion im Wiener Prater sind wegen der Gefahr eines Terroranschlags abgesagt. Die Enttäuschung bei den 200.000 Swifties, die Konzertkarten ergatterten, muss groß sein. „Swifties“ – so nennen sich die Fans der Sängerin. Es handelt sich um einen Kult, dem profil jüngst eine Covergeschichte widmete. Swift, 34 Jahre alt, könnte zum größten Star der Popgeschichte werden. Rekordverdächtig ist auch die ökonomische Wirkung („Swiftonomics“) der Konzerte von Swifts „Eras“-Tour. Die Wirtschaftsagentur Wien rechnete mit einem Wertschöpfungspotenzial von bis zu 100 Millionen Euro. Es bleibt beim Potenzial.

Indirekt sind auch Karl Nehammer und Andreas Babler Opfer der Konzertabsagen. Sowohl der ÖVP-Bundeskanzler als auch der SPÖ-Vorsitzende schließen ein Sparprogramm nach der Nationalratswahl am 29. September aus, sollten sie Bundeskanzler bleiben beziehungsweise werden. Dass jeder Wirtschaftsforscher, wie etwa der Präsident des Fiskalrats Christoph Badelt, die Lage anders beurteilt, ficht Nehammer und Babler nicht an. Zur Sanierung des Budgets genüge „mehr Wirtschaftswachstum“, sagt der Kanzler. Andreas Babler sieht das auch so. Einer schwarz-roten Zusammenarbeit nach der Wahl steht also zumindest budgetpolitisch nichts im Wege.

Schwarz-rote Planwirtschaft

Wie sie für mehr Wirtschaftswachstum sorgen wollen, wissen beide bereits. Die SPÖ setzt auf einen „Investitionsboom“ in der Energie- und Verkehrsinfrastruktur. Die Finanzierung dieses Booms soll über private Unternehmen erfolgen, der Staat helfend eingreifen. Die ÖVP will die Wirtschaft durch Steuer- und Abgabensenkungen zu mehr Investitionen animieren. 

Leider hält sich die Realität nicht an die Vorgaben der Politik. Statt Auf- gibt es Abschwung. Erst vorgestern kündigte der Chiphersteller Infineon Österreich an, in den kommenden zwei Jahren 380 Arbeitsplätze abzubauen. Und gestern gab die voestalpine einen massiven Gewinneinbruch bekannt. Es ist also zu befürchten, dass die heimische Industrie den Fünfjahresplan von Nehammer und Babler nicht erfüllen wird. Psychologen würden in diesem Zusammenhang von „magischem Denken“ sprechen: Dass Nehammer und Babler ganz fest ans Wirtschaftswachstum glauben, bedeutet nicht, dass es auch eintritt.

Womit wir wieder bei Taylor Swift wären: Wenn drei Konzerte eine Wertschöpfung in Höhe von 100 Millionen Euro ausgelöst hätten, wäre es bei dreißig Konzerten bereits eine Milliarde, womit sich zumindest ein kleiner Investitionsboom finanzieren ließe. Man muss Miss Swift nun von zweierlei überzeugen: dass sie die drei Auftritte im Ernst-Happel-Stadion nachholt; und dass sie 27 Zusatzkonzerte an anderen Standorten im Land gibt, etwa in der Lavanttal-Arena in Wolfsberg oder im Schnabelholz-Stadion in Altach. Die dazu notwendigen Verhandlungen mit Swifts Management sollte Andreas Babler übernehmen. Im „Puls 4“-Sommergespräch gestand der SPÖ-Chef jüngst, aufgrund der Begeisterung seiner Tochter auch ein Swiftie zu sein. Persönlich betraf die Absage der Konzerte den SPÖ-Vorsitzenden nicht. Er hatte sich keine Karte besorgt.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.