Morgenpost

The Big Bang Reality

Neues zum Tag des Fernsehens: Der ORF bespricht sein Budget, der POTUS richtet sein Kabinett ein.

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Guten Morgen!

Ich darf Sie daran erinnern, dass heute der internationale Tag des Fernsehens ist, im englischen Originalton: World Television Day. Gefeiert wird dieser heuer schon zum 28. Mal, das geschieht auf Initiative mehrerer internationaler Sender-Verbände, die in diesem Jahr übrigens ganz besonders – und möglicherweise nicht ganz uneigennützig – die demokratiepolitische Bedeutung des Fernsehens und seine eminente Rolle für den öffentlichen Diskurs hervorheben. 

Sein Feld

Das könnte man – mit Blick auf die Finanzierung des ORF, der gerade seinen Budgetplan 2025 an die zuständigen Stiftungsräte verschickt hat – tatsächlich als gutes Argument nehmen. Oder man schaut nach Washington, besser noch in dessen politische Filiale in Mar-a-Lago, Florida. Dort werden die Argumente pro Patschenkino leider schon deutlich dünner, teils sogar dümmer. Im designierten Regierungsteam des nächsten US-Präsidenten finden sich – neben klassischen Online-first-Personen wie Elon Musk – etliche Anwärter:innen aus dem linearen Fernsehen: TV-Doktor Mehmet Oz etwa, der die öffentlichen Krankenkassen beaufsichtigen soll, oder die „Fox News“-Moderatoren Sean Duffy (Verkehrsminister) und Pete Hegseth (Verteidigung). Mike Huckabee, der den wichtigen Botschafterposten in Israel übernehmen soll, hatte von 2008 bis 2015 sogar seine eigene Fox-Show („Huckabee“), und die designierte Bildungsministerin Linda McMahon ist zwar nicht direkt vom Fach, aber als Gründerin der „World Wrestling Entertainment“ (WWE) durchaus in einer TV-nahen Branche tätig. Der president-elect, selbst langjähriger Reality-TV-Darsteller, bezeichnet seinen Regierungs-Teamfindungs-Prozess übrigens gern als „Casting“ – was den demokratischen Abgeordneten zum Repräsentantenhaus Jim Himes zu der schön-schaurigen Beobachtung inspirierten: „Wir sind dabei, die weltweit erste Reality-TV-Show mit Nuklearwaffen zu werden.“ (Unser Titelvorschlag dazu: The Big Bang Theory. Alternativ: Wer wird Millionär?)

House of Ghosts

Der (soweit wir wissen unbewaffnete) ORF muss derweil im kommenden Jahr ein gesetzlich vorgeschriebenes Sparprogramm von 80 Millionen Euro absolvieren und gleichzeitig damit klarkommen, dass die Einnahmen aus der Haushaltsabgabe – die übrigens gerade vom Rechnungshof geprüft wird, wie profil kürzlich berichtete – nicht ganz so üppig sprudeln, wie noch im Vorjahr budgetiert. Immerhin wurden aus 180.000 sogenannten „Geisterhaushalten“, die nicht für die Haushaltsangabe herangezogen werden konnten, inzwischen nur noch 10.000; die Lücke zum geplanten Budgetziel liegt aber immer noch bei 15 Millionen Euro, was auch mit einer neuen Berechnungsmethode für die Abführung von Unternehmens-Haushaltsabgaben zu tun hat. Geschäftsführer Roland Weißmann ist aber guter Dinge, dass die Finanzierung im kommenden Jahr auf eine schwarze Null hinauslaufen wird.

Blind ermittelt

Und was haben wir Zusehende davon? Nun ja: „2025 stehen erstmals in der Sendergeschichte jeden Montag ausschließlich Premieren österreichischer Fiction-Produktionen auf dem Hauptabendprogramm von ORF 1. Im ersten Halbjahr werden unter anderem neue Staffeln von School of Champions, Totenfrau, Biester und der Eventserie Hunyadi in Doppelfolgen gezeigt. Im Herbst folgen etwa die Eventserie 113 und der zweite Stinatz-Krimi Die Uhudlerverschwörung sowie neue Folgen von Blind ermittelt.“

Warum fallen uns gerade die US-Geheimdienste (designierte Leitung: Tulsi Gabbard) ein?

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur und ist seit 2020 Textchef dieses Magazins.