Eine moderne On-Off-Beziehung
On-Off-Beziehungen sind eine nervenaufreibende Sache. Zuerst ist man schockverliebt, für eine kurze Zeit unzertrennlich und keine drei Augenblicke später will man nichts mehr miteinander zu tun haben – dann geht das ganze wieder von vorne los. Lifestylemagazine diagnostizieren den Betroffenen deswegen klar: Das ist nicht gesund, es gilt den „Kreislauf von Trennung und Versöhnung“ zu durchbrechen.
Im Fall der chinesischen Videoplattform TikTok und den USA ist das nicht anders. In den Vereinigten Staaten war die App am Wochenende für mehrere Stunden nicht aufrufbar. Für die 170 Millionen Nutzer:innen ließ man nur den knappen Hinweis zurück: „Ein Gesetz, das TikTok verbietet, wurde in den USA verabschiedet. Leider bedeutet das, dass du TikTok vorerst nicht nutzen kannst“.
TikTok war damit um einiges strenger als ein Gesetz eigentlich angeordnet hatte, dasnämlich nur neue Downloads und weitere Updates untersagt hätte. Der Grund? TikTok wird in den USA als Tochter des in China ansässigen ByteDance-Konzerns als Sicherheitsrisiko gesehen. Politiker:innen und Expert:innen warnen, dass die chinesische Regierung auf die Daten seiner Nutzer:innen zugreifen und die öffentliche Meinung manipulieren könnte. Der US-Kongress beschloss deshalb ein Gesetz, nach dem sich ByteDance binnen 270 Tagen von TikTok trennen oder ein Aus der App in den USA in Kauf nehmen muss. Diese Frist lief am Sonntag ab. TikTok zog vorsorglich schon kurz davor den Stecker.
Donald Trump dürfte davon nicht sonderlich begeistert gewesen sein. Er kündigte im Vorfeld zu seiner Vereidigung als US-Präsident an: „Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen TikTok retten.“ Auch er hatte im Wahlkampf von der Plattform profitiert. Bei den 18- bis 29-Jährigen erhielt er zwar nur 43 Prozent der Stimmen, dies waren aber sieben Prozentpunkte mehr als 2020.
Nach der kurzen Offline-Phase ist TikTok nun also wieder online. „Dank der Bemühungen von Präsident Trump ist TikTok zurück“, teilte die Plattform mit. Trump will ByteDance eine Gnadenfrist von 90 Tagen einräumen, um eine Lösung in dem Streit zu finden. Er strebe eine 50-prozentige Beteiligung an TikTok durch ein US-Unternehmen an, schrieb Trump auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. Als möglicher Käufer wird neben dem Milliardär Frank McCourt auch Elon Musk gehandelt.
Damit folgt der US-Präsident auch dem Rat der Lifestylemagazine. Der wichtigste Schritt laut ihnen: Eine Entscheidung treffen. „Wollt ihr die Beziehung retten oder beenden? Wenn ihr zusammen zu keiner Entscheidung kommt, stehst du an erster Stelle. Finde für dich eine Entscheidung, bei der du die höchste Priorität bist. Erst danach folgt der Blick auf die Partnerschaft.“
Bei Donald Trump muss man sich da wohl keine Sorgen machen; mit Selbstaufopferung hat er in der Vergangenheit eher selten geglänzt.