Amtseinführung von Trump: Als der Vizepräsident betrunken war
Das trumpeske Spektakel vor Rekordkulisse, das sich der 47. Präsident der USA wohl erträumte, fällt aus. Die heute um 12 Uhr Ortszeit, 18 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, stattfindende „United States presidential inauguration“ findet nicht traditionsgemäß outdoor vor dem Kapitol in Washington D.C. mit Blick über die National Mall statt, sondern wegen der anhaltenden Kälte indoor im Parlamentsgebäude. Donald Trump persönlich hat die Verlegung angeordnet. Aus Sorge um die Gesundheit der Teilnehmer, wie sein Büro mitteilte. Aus Angst, dass aufgrund der niedrigen Temperaturen sich vergleichsweise wenige Zuschauer auf der National Mall einfinden würden, wie Spötter anmerkten.
Wir erinnern uns: Vor acht Jahren, am 20. Jänner 2017, löste Trump einen Streit um die Zahl der Teilnehmer an seiner Amtseinführung aus, der einen Vorgeschmack auf Kommendes liefern sollte. Er behauptete, eine Million Menschen hätte sich auf der Mall versammelt. Sein Pressesprecher Sean Spicer sprach vom „größten Publikum, das je bei einer Angelobung dabei war“. TV-Aufnahmen widerlegten diese Behauptungen eindeutig. Trumps Beraterin Kellyanne Conway verteidigte Spicer gegen Lügenvorwürfe und nannte dessen Aussagen mit kaustischem Witz „alternative facts“. Die Sentenz wurde zur meistzitierten Redewendung der Trump-Ära und ging in den weltweiten Sprachschatz ein.
„I have the best words“
Vielleicht war Trump neidig, dass ihm diese großen Worte nicht selbst eingefallen waren, schließlich meinte er einmal über seine Formulierungskunst: „I know words. I have the best words.“ Mit seiner Inaugurationsansprache am 20. Jänner 2017 konnte er allerdings nicht alle Zuhörer von seinen rhetorischen Fähigkeiten überzeugen. Der anwesende Ex-Präsident George W. Bush kommentierte Trumps Rede laut dreier Ohrenzeugen mit den Worten: „That was some weird shit!“ (Das war ja eine verrückte Scheiße!) Prägnanter hätte es Kellyanne Conway auch nicht ausdrücken können. „Was Trump 2017 der Nation vom Inaugurationspult aus zurief, führt geradewegs in die Gegenwart: Er versprach nämlich, dass dieser Tag in Erinnerung bleiben werde als der Moment, an dem das Volk wieder zum Herrscher dieser Nation wurde‘, ganz so, als habe unter seinem Vorgänger Barack Obama eine Diktatur geherrscht“, schreibt der Leiter des profil-Außenpolitikressorts, Robert Treichler, in unserer aktuellen Cover-Story.
Betrunkener Vizepräsident
Wie „weird“ Trumps Ansprache diesmal gewesen sein wird, erfahren Sie in einigen Stunden auf profil.at. Schon in der Vergangenheit verlief die Amtseinführung von US-Präsidenten nicht immer plangemäß, nicht nur wegen des Wetters. Bei Abraham Lincolns Angelobung zu seiner zweiten Amtszeit am 4. März 1865 erschien sein neuer Vizepräsident Andrew Johnson (der spätere 17. Präsident der Vereinigten Staaten) so betrunken zur Zeremonie, dass er noch vor Lincolns Ansprache von Gehilfen wieder weggebracht wurde. Johnson litt nicht an einem Hangover. Ärzte hatten ihm (zu viel) Alkohol gegen eine starke Fiebererkältung verabreicht. So lautet zumindest die offizielle Geschichtsschreibung.
Die Inauguration von John F. Kennedy am 20. Jänner 1961 glich einer einzigen Pannenkette. Erst vergaß Vizepräsident Lyndon B. Johnson einen Teil seiner Gelöbnisformel (und kaschierte die peinliche Pause mit dem Füllwort „whatever“), dann fing das Rednerpult wegen eines Kurzschlusses zu brennen an (Personenschützer vom Secret Service löschten es flugs), und schließlich konnte der von Kennedy eingeladene Dichter Robert Frost sein für den Tag verfasstes Gedicht (Titel: „Dedication“) nicht vom Blatt vortragen, weil ihn das Sonnenlicht blendete (stattdessen rezitierte er ein älteres Gedicht).
Den größten Fail der Inaugurationsgeschichte leistete sich der Vorsitzendes des Supreme Court, Höchstrichter (Chief Justice) John Roberts, bei der ersten Amtseinführung von Barack Obama am 20. Jänner 2009. Während der Verlesung der Gelöbnisformel schusselte Roberts dermaßen, dass auch Obama, der den Text auswendig konnte, sich verhaspelte. Da juristisch nicht auszuschließen war, dass Obamas Angelobung aufgrund der falschen Gelöbnisformel rechtswidrig sei, wurde die Zeremonie tags darauf im Weißen Haus mit dem exakten, in der US-amerikanischen Verfassung festgelegten Text wiederholt. Ein religiöses Bekenntnis ist dort nicht vorgesehen, aber zulässig.
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