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Viele Verwaltungsebenen, ein Koordinationsausschuss: Katastrophenschutz in Österreich

Katastrophenschutz ist in Österreich Ländersache – ein Koordinationsausschuss im Innenministerium regelt deshalb die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsebenen.

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Wäre alles nach Plan gelaufen, hätten wir heute Morgen über die Wahlduelle gesprochen. Andreas Babler hätte gestern Abend mit Herbert Kickl diskutiert, eine durchaus spannungsgeladene Kombination. Mit Werner Kogler und Karl Nehammer hätten sich auch Junior- und Seniorpartner der aktuellen Koalition im ORF-Studio am Küniglberg gegenüberstehen sollen, auch nicht unspannend, hatte man sich doch jüngst (unter anderem) wegen Leonore Gewesslers Zustimmung zum Renaturierungsgesetz gestritten. Die Diskussionssendungen sowie ein Großteil der Wahlkampfveranstaltungen der Spitzenkandidat:innen wurden bekanntermaßen aufgrund der heftigen Unwetter abgesagt.

Zumindest Nehammer und Kogler haben gestern aber dennoch Zeit miteinander verbracht: Montagmittag tagte erneut der Koordinationsausschuss des Staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagements (kurz: SKKM) in Wien. Das ist, wenn man so will, ein typisch österreichisches Gremium. Denn: Der Katastrophenschutz ist in Österreich legistisch zwischen Bund und Ländern aufgesplittet und recht komplex. 

In den neun Bundesländern gibt es jeweils unterschiedliche Katastrophenhilfegesetze. In den meisten Katastrophenfällen ist der Bund nicht zuständig, nur in einzelnen Bereichen, beispielsweise bei Gesundheit und Verkehr, gibt es mitunter Bundeskompetenz zur Krisenbewältigung. Das SKKM existiert also quasi als organisatorischer Überbau über Bundes-, Länder und Bezirkseinheiten sowie den Einsatzorganisationen. 

Anlass für die Einrichtung des SKKM war die Atomkatastrophe von Tschernobyl: 1986 wurde als Reaktion darauf zunächst ein Staatliches Krisenmanagement im Bundeskanzleramt eingerichtet, gut 15 Jahre später wurde nach dem Lawinenunglück in Galtür und dem Tauerntunnelbrand das Innenministerium für die Koordination des Staatlichen Katastrophenschutzmanagements zuständig. Die beiden Stellen wurden schließlich zum Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagement zusammengelegt. Seit 2004 gibt es außerdem den Koordinationsausschuss unter Vorsitz des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, in dem Bundesministerien, die Bundesländer und die Einsatzorganisationen vertreten sind. Im Bedarfsfall werden auch Medien im Koordinationsausschuss inkludiert, konkret der ORF und die APA.

Manchmal wird der Koordinationsausschuss auch als Krisenkabinett bezeichnet – das ist im Wortsinn zwar sicher zutreffend, die schwarz-grüne Koalition hat jedoch mit dem „Krisensicherheitskabinett“ ein Gremium geschaffen, das grundsätzlich nicht mit dem Koordinationsausschuss zu verwechseln ist. 

Das Krisensicherheitsgesetz (B-KSG), das vergangenes Jahr beschlossen wurde, sieht unter anderem auch die Einrichtung dieses Krisensicherheitskabinetts vor, das der Bundeskanzler leiten und dem außer ihm nur der Vizekanzler angehören würde – das Kabinett kann allerdings im Bedarfsfall erweitert werden. Das Kabinett ist für die „gesamthafte strategische Koordination von Fragen der Krisenvorsorge und -bewältigung“ zuständig. Derzeit liegt allerdings rein formell keine Krise vor – die müsste nämlich zuerst als solche ausgerufen werden. Die Bundesregierung müsste dafür im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats das Vorliegen einer bundesweiten Krise feststellen. Die Voraussetzungen für eine solche liegen laut Gesetzestext dann vor, „wenn eine Gefahr außergewöhnlichen Ausmaßes für das Leben oder die Gesundheit der Bevölkerung, für die öffentliche Gesundheit, für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, für die nationale Sicherheit, für die Umwelt oder für das wirtschaftliche Wohl“ besteht. 

Das B-KSG ist ein Baustein der neuen Sicherheitsstrategie von ÖVP und Grüne, die noch kurz vor dem Wahlkampf präsentiert wurde. In ihr wird der menschengemachte Klimawandel als „Konflikttreiber“ und „Bedrohungsmultiplikator“ bezeichnet, vor allem durch die „Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Wetter- und Klimaextremen“. Bis Verhandlungsende wurde offenbar diskutiert, ob man hier das Wort „Klimakrise“ oder „Klimawandel“ verwenden sollte. Meine Kollegin Iris Bonavida hat die wichtigsten Punkte aus der Sicherheitstrategie hier für Sie recherchiert. 

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.