Morgenpost

Von Autokraten und Männern, die sich selbst einladen: Walter Rosenkranz und seine Gäste

Der neue Nationalratspräsident kann sich „rein hypothetisch“ ein Date mit einem Mann vorstellen, der per internationalem Haftbefehl gesucht wird. Und warum eigentlich kommt Viktor Órban?

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Die Debatte über die Aussage von Walter Rosenkranz wird seit Tagen mit schwankendem Empörungsgrad geführt: Der blaue Nationalratspräsident wäre „rein hypothetisch“ bereit, Kreml-Chef Wladimir Putin zu empfangen, sofern dies auch „nur der kleinste Beitrag sein könnte, dass dieses Morden an der Kriegsfront zwischen Russland und der Ukraine aufhört“. Das erklärte Rosenkranz im Interview in der ORF-Sendung „Hohes Haus“. Und das, obwohl gegen den russischen Präsidenten ein Haftbefehl vorliegt.

Putin ist somit nicht nur ein „Autokrat“, wie ihn Moderatorin Margit Laufer im Gespräch mit Rosenkranz am Sonntag in der ZIB2 bezeichnete. Er müsste laut Entschluss des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), der am 23. März 2023 getroffen wurde, beim Betreten des Landes sofort verhaftet werden. Dazu ist Österreich als Vertragspartner verpflichtet. Diese Tatsache wurde in den TV-Sendungen interessanterweise weder von Rosenkranz noch von den Moderatorinnen thematisiert.

Das heißt: „Rein hypothetisch“ würde Rosenkranz, wenn er ein Gespräch mit Putin in Österreich führen würde, den Haftbefehl missachten. Und wäre damit nicht der Erste: Sein Gast Viktor Orbán würde Putin bei einem Ungarn-Besuch ebenso nicht verhaften. Es gebe Orbán zufolge „keine rechtliche Grundlage“ in Ungarn dafür. Das Gericht stellte daraufhin klar, dass auch Ungarn ein Vertragsstaat ist.

Orbán: Kein Staatsgast in Wien

Während Boulevard-Medien wie Heute.at, Kronen Zeitung und OE24 bereits von Orbàn als „erstem Staatsgast“ in Österreich berichten, ist wichtig festzuhalten, dass der ungarische Premier keinesfalls ein Staatsgast ist. Orbàn hat sich laut Rosenkranz selbst eingeladen. „Er hat erfahren, dass es einen neuen Parlamentspräsidenten gibt und dann kurzfristig gesagt, den möchte er kennenlernen“, behauptete Rosenkranz im ORF. Es liege als Nationalratspräsident in „seinem Naturell, dies dann auch protokollarisch zu machen“, begründete er den Empfang des ungarischen Regierungschefs im Parlament.

Rosenkranz könnte übrigens selbst dann, wenn er wollte, keine Staatsgäste einladen. Das liegt schlicht nicht im Aufgabenbereich des Präsidiums. Die offizielle Einladung eines Staatsgastes fällt in der Regel in die Zuständigkeit der Bundesregierung, insbesondere jene des Bundespräsidenten oder des Bundeskanzlers.

Kein Treffen von Nehammer mit Orbàn geplant

Das Bundeskanzleramt bestätigte der APA am Sonntag, dass kein Treffen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit Orbán in Wien geplant sei. Besondere Distanz gegenüber dem ungarischen Premier zeigte Nehammer bisher indes nicht. Noch im Juli 2023 verteidigte er beim Migrationsgipfel die Zusammenarbeit mit Orbán sowie dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Der ungarische Regierungschef besuchte Putin im Juli 2024, was zu einem Boykott-Aufruf von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen führte. Auch hiergegen sprach sich Nehammer aus.

Treffen mit Kickl, Kritik der SPÖ

Zwischen FPÖ-Chef Herbert Kickl und Viktor Orbàn ist nun ebenfalls ein Treffen geplant, was wiederum von der SPÖ kritisiert wird. Verfassungssprecher Jörg Leichtfried meinte, er finde das erste außenpolitische Zusammentreffen des neuen Nationalratspräsidenten mit dem rechtskonservativen Politiker Orbán „unerträglich“.

Celeste  Ilkanaev

Celeste Ilkanaev

von September bis November 2024 Volontärin im Digitalteam. Freie Journalistin.