St. Anton am Arlberg nach Unwetter
Morgenpost

Von Döbling bis zum Arlberg: Die Klimakrise in der Wochenschau

Unwetter und Extremwetterereignisse bringen Infrastruktur und Katastrophenschutz an ihre Grenzen.

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Starkregen, Hagel, Murenabgänge und Überschwemmungen quer durch Österreich: Die vergangenen Tage haben das gezeigt, was die Klimaforschung seit Langem prophezeit - die Extremwetterereignisse werden immer häufiger und erfolgen in immer kürzeren Abständen. Die infrastrukturellen Schäden sind enorm. 

Der jüngste Bericht der European Environment Agency zur "Europäischen Bewertung der Klimarisiken" zeigt, wie dramatisch die Lage bereits ist. In den vergangenen 30 Jahren waren in Europa 5,5 Millionen Menschen von Hochwasserkatastrophen betroffen, 3000 von ihnen starben. Ökonomischer Schaden: mehr als 170 Milliarden Euro.

Das macht klar: Mit Klimaschutz allein ist es nicht getan. Die Menschheit muss sich den neuen Gegebenheiten auch anpassen. Das heißt aber auch: Der Katastrophenschutz wird aufwendiger und kostspieliger.

Noch kann Österreich den vielen Folgen der Klimakrise einigermaßen trotzen. Dämme, Wildbachverbauungen, Rückhaltebecken und mobile Schutzwände wirken, das zeigt die Statistik. Während die Unwetter größere Wucht entfalteten, stiegen die ausgezahlten Summen aus dem Katastrophenfonds nicht. Und obwohl sich Starkregen häuft, blieb die Zahl der schadhaften Murenabgänge zwischen 1961 und 2017 gleich, wie eine Studie von GeoSphere Austria und der Universität für Bodenkultur (BOKU) zeigte. Das Problem: "Die Gefahr durch extreme Wetterlagen steigt mit weiteren Treibhausgasemissionen, vor allem fossilem CO2. Die bestehenden Schutzbauten kommen bereits jetzt immer öfter an ihre Grenzen", sagt Marc Olefs, Leiter der Abteilung Klimaforschung bei GeoSphere Austria.

Allein in die Wildbachverbauung investieren Bund, Länder und Gemeinden jährlich 200 Millionen Euro und jeder Euro in der Prävention verhindert weit mehr als das Doppelte an Sachschäden. Der Schutz von Menschenleben ist gar nicht eingerechnet. Ausgaben wie diese werden sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stark zunehmen. Einen wichtigen Beitrag zum Katastrophenschutz kann die Raumplanung leisten. Arthur Kanonier ließ kürzlich in einer Folge von "Vorsicht, heiß!",dem profil-Klimapodcast, mit einer Aussage aufhorchen, welche beispielsweise die Bauwirtschaft weniger begeistern wird: "Für eigentlich alle Naturgefahren gilt: Etwas weniger zu bauen würde helfen. Sowohl was Hochwässer betrifft, aber auch hinsichtlich Ernährungssicherheit und Biodiversität", so der Professor für Bodenpolitik und Bodenmanagement an der TU Wien. In extremen Fällen werde es wohl auch zu Absiedelungen kommen müssen. Besonders dann, wenn Infrastruktur häufiger zerstört wird, als sie wieder aufgebaut werden kann. Denn auch dem Katastrophenschutz sind technische und finanzielle Grenzen gesetzt. 

Während die Einen noch trotz erdrückender Faktenlage einem "Das-hat-es-immer-schon-gegeben"-Gedankengut anhängen, sind sich weite Teile der Bevölkerung der schädlichen Auswirkungen des ungebremsten CO2-Ausstoßes und der Bodenversiegelung durchaus bewusst. Bürger wie Helmut Buzzi etwa, der Teil der Plattform "Vernunft statt Ostumfahrung" ist, die sich seit Jahren gegen eine weitere Versiegelung von Wiener Neustadt wehrt. Dort soll eine große Umfahrung quer durch ein Natura-2000-Schutzgebiet gebaut werden; geplant ist auch ein Gewerbegebiet. Nachdem vergangene Woche in der dortigen Fischer-Au Vorbereitungen zu Rodungen getroffen wurden, gab es am Sonntag am Wiener Neustädter Hauptplatz eine Demo. Über 500 Menschen versammelten sich, um ihren Unmut kundzutun. "Durch die aktuelle Hitzewelle ist vielen Leuten klar geworden, dass die Klimakrise nichts Abstraktes ist, sondern uns alle direkt betrifft. Der Widerstand ist mittlerweile enorm", sagt Buzzi. 

Wie sehr sie uns mittlerweile landauf, landab betrifft, haben die vergangenen Tage gerade wieder eindrücklich gezeigt.

 

Die Klimakrise in der Wochenschau:

Katastrophengebiet

Am vergangene Freitag zog ein Unwetter eine Spur der Verwüstung durch das niederösterreichische Hollabrunn, das zum Katastrophengebiet erklärt wurde.

Überflutung

In Gloggnitz gingen am vergangenen Samstag innerhalb kurzer Zeit gingen enorme Regenmengen nieder, aus kleinen Bächen wurden reißende Flüsse. Die Kanalisation konnte die Wassermassen nicht mehr aufnehmen. Unterführungen und ganze Straßenzüge wurden überflutet.

Straßensperre

Eine Mure zerstörte die Arlbergpassstraße. Vorarlberg ist derzeit nur über das Lechtal beziehungsweise Deutschland erreichbar.

Land unter

Rekordregenfälle in Wien-Döbling am vergangenen Samstag brachten Menschen in Lebensgefahr und sorgten für eine Vielzahl von Einsätzen der Berufsfeuerwehr.

Zivilschutzwarnung

Sintflutartige Regenfälle ergossen sich am vergangenen Samstag über das steirische Mautern und führten zu einer Zivilschutzwarnung.

Unpassierbar

Bei St. Johann im Pongau führte der enorm starke Niederschlag am vorvergangenen Montag zu massiven Vermurungen.

Erdrutsche

Im Pinzgau kam es am vergangenen Sonntag zu Vermurungen und Erdrutschen. Im Bild ein Haus im besonders betroffenen Kaprun.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast (@profil_Klima).