Vor dem Superwahljahr: Immuntherapie gegen Politikfrust
Eines meiner persönlichen Highlights im abgelaufenen Jahr war die Neujahrsansprache von Neos-Gründer Matthias Strolz aus der indischen Hippie-Enklave Goa. Sie erinnern sich? „Heads up for 2023. Ich war gerade zehn Tage auf einem Deep Dive und schüttle mich jetzt zurück in die Welt. Das Jahr bringt einen kreativen Ausbruch.“ Was für eine Ansage in einer Welt, die von einer Pandemie direkt in den Ukraine-Krieg und danach in eine Inflationskrise getaumelt war. Strolz lieferte. Mit Mikro und DJ. Anfang Dezember bouncte er in Wien unter dem Motto „Eskalation der Liebe“ zu elektronischen Beats über die Bühne und dozierte dazwischen über eine bessere Welt. Wie ein Falco-Verschnitt auf Politik. „Parlamentsrede mit Musikbegleitung“, resümierte die „Presse“ treffend. Rechtzeitig vor seinem Auftritt ließ Strolz Gerüchte keimen, 2024 in die Politik zurückkehren zu wollen. Auf sein nächstes „Heads Up“ darf man gespannt sein.
Die Perspektive durchschütteln
Die Strolz’sche Resilienz-Formel, sich persönlich stärker durchzuschütteln, als es äußere Erschütterungen vermögen, lässt sich auf viele Lebensbereiche anwenden. Zum Beispiel auf den stark gestiegenen Frust mit der Politik an der Schwelle zum Superwahljahr 2024 mit dem EU-Votum im Juni und der Nationalratswahl im Herbst. Wer politisch schon jetzt in die innerliche Emigration geht, weil das Wahljahr eine epische Schlammschlacht verspricht, kann seine Perspektive kräftig durchschütteln: Mit profil-XXL. Unserem Jahresrückblick, der eine Vorschau ist. In jeder einzelnen Story finden sich Mutmacher, die gegen lähmende Wadlbeißereien immunisieren; die das größere Ganze in den Mittelpunkt rücken; die kleine bis große Revolutionen zeigen, die sich hinter mittelmäßiger bis unterirdischer Polit-Performance abspielen.
„Love Politics“, featuring Heinz Fischer
Wenn Schriftsteller und EU-Fan Robert Menasse im Interview mit Siobhán Geets meint: „Der Fall der Berliner Mauer schien bis wenige Wochen davor auch unmöglich“, erscheint die EU-Wahl, an der nach heutigem Stand nur knapp die Hälfte der Österreicher teilnehmen wollen, in anderem Licht. Menasse ist überzeugt: Europa wird zu einer echten Union abseits der Kleinstaaterei – auf die sanfte oder harte Tour. Wenn Altbundespräsident Heinz Fischer und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler eine Initiative für den Nachwuchs gründen, um dem Fachkräftemangel in der Politik entgegenzutreten, darf das getrost als „kreativer Ausbruch“ gewertet werden. Der Name der Initiative, die profil-Innenpolitik-Chefin Eva Linsinger in ihrer Story thematisiert, könnte auf einem Strolz-T-Shirt stehen: „Love Politics“. „Ich will mutig Lösungen ausarbeiten, nicht sudern“, sagt eine Teilnehmerin am Lehrgang. Auch solche Politiker:innen werden Österreich künftig regieren.
Das Gute im Schlechten im Guten
Der Großmeister in der Analyse disruptiver Verschiebungen, Historiker Christoph Clark, verrät im XXL, was er gegen sein wachsendes „Unwohlgefühl“ unternimmt: Er gleicht aus seiner Sicht schlechte Nachrichten mit guten ab. Rücken die Niederlande nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders weg von der EU, denkt Clark an das deutlich bevölkerungsreichere Polen, das nach dem Wahlsieg des liberalen Donald Tusk zur EU hinrückte. Revolutionen, die sich 2023 in der Medizin abspielten, medial verdeckt von Corona-Nachwehen, Medikamentenengpässen und Spitälern ohne Personal, beschreibt Wissenschafts-Leiter Alwin Schönberger. Placebo-Effekt beim Lesen garantiert.
Wir garantieren für 2024 streitbare Stories als Alternative zum Dauerstreit. Mit unseren XXL-Stories auf profil.at, im Abo, in der Trafik. An weiteren kreativen Ausgaben vor und nach dem Rutsch arbeitet das Team mit Hochdruck.
Es muss ja nicht gleich eine Eskalation der Politik-Liebe sein.