Warum Olaf Scholz heute eine Wahl verlieren will
Wird in Deutschland am 23. Februar gewählt?
Das hängt maßgeblich davon ab, was heute Nachmittag im Bundestag in Berlin, dem deutschen Parlament, passiert. Dort findet eine wichtige Abstimmung statt und Olaf Scholz (SPD), der amtierende Kanzler, will diese Wahl unbedingt verlieren. Klingt sonderbar? Der Reihe nach.
Was ist die Vertrauensfrage?
Im November zerbrach die Ampel-Koalition in Deutschland. Seitdem führt Scholz eine nur noch von SPD und Grünen getragene Regierung. Diese hat, seit dem Rausflug der liberalen FDP, keine Mehrheit mehr.
Deswegen hat Scholz am vergangenen Mittwoch die so genannte Vertrauensfrage beantragt, ein Instrument, das in der Geschichte des Bundesrepublik erst fünf Mal zum Einsatz kam.
Die Abgeordneten im Bundestag müssen zur Frage abstimmen, ob sie Scholz noch ihr Vertrauen schenken oder nicht.
Verliert Scholz die Vertrauensfrage (wovon auszugehen ist), wird er Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wohl noch heute vorschlagen, den Bundestag aufzulösen. Dazu hat dieser drei Wochen Zeit, also bis zum 6. Jänner. Wenn Steinmeier sich dafür entscheidet, muss die Neuwahl innerhalb von 60 Tagen stattfinden.
Der Wunschtermin von Scholz steht bereits fest: Der 23. Februar 2025.
Heute um 13:00 Uhr wird der Bundestag also zur Vertrauensfrage zusammenkommen. Scholz wird eine etwa 25-minütige Rede halten und die Abgeordneten müssen namentlich, nicht anonym, abstimmen.
Mehrheit ausgeschlossen
Dem Bundestag gehören 733 Abgeordnete an. Um das Vertrauen des Parlaments zu bekommen, müsste Scholz 367 Stimmen erhalten. Die SPD-Fraktion, die Scholz das Vertrauen aussprechen wird, hat 207 Abgeordnete. Dass Scholz auf die restlichen Stimmen kommt, ist unwahrscheinlich. Die liberale FDP, die christlich-soziale CDU, die Partei die Linke sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben angekündigt, gegen Scholz stimmen zu wollen.
Die Grünen wollen sich enthalten.
Wie stimmt die AfD?
Für Unruhe sorgen könnte nur die AfD mit ihren insgesamt 76 Abgeordneten. Einige, darunter der thüringische Abgeordnete Jürgen Pohl, hatten angekündigt, für Scholz stimmen zu wollen. Die Folge: Der Kanzler müsste (ungewollt) im Amt bleiben, was die Wahlen in den Herbst hinauszögert. Die Taktik könnte sein: Den Verdruss der Bevölkerung nähren und die Regierung als Sesselkleber darzustellen, die das Land an den Abgrund führt. Ein weiterer Grund ist der zurückhaltende Kurs von Scholz in der Ukrainepolitik und sein Nein zur Lieferung eines Taurus-Marschflugkörpers. Pohl zieht das der Politik von Friedrich Merz (CDU) vor, der sich für die Taurus-Lieferung ausgesprochen hat.
Am Ende dürften aber nur einige wenige Abweichler eine solche Verzögerungstaktik fahren. Die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel spricht sich für Neuwahlen aus. Sie wird dann auch die Kanzlerkandidatin sein – die Erste in der Geschichte ihrer Partei.
Weidel kann an einem Fortbestehen der Regierung kein Interesse haben, denn für ihre Partei läuft es gut. Die AfD ist seit Monaten zweitstärkste Kraft hinter der Union. Blöd nur: Keine andere Partei will mit ihr koalieren.