Weltklimakonferenz: Kann es diesmal Durchbrüche geben?
Der Beginn stand unter keinem guten Stern: Kurz vor dem gestrigen Start der COP28, der 28. Weltklimakonferenz in Dubai, sickerte durch, dass ausgerechnet der Gastgeber offenbar Ziele verfolgte, die nicht ganz zum Zweck der Monster-Tagung passen: Sultan Ahmed Al-Jaber, diesmal Präsident der COP, soll geplant haben, während der Konferenz neue Erdöl-Deals einzufädeln.
Al-Jaber bestritt derartige Absichten vehement, doch nicht nur deshalb zweifeln Skeptiker am Nutzen der COP, der diesjährigen Conference of Parties, für die Eindämmung des Klimawandels. Schließlich treffen sich Vertreter aus rund 200 Staaten bereits seit 28 Jahren, um wirksame und verbindliche Maßnahmen zu beschließen – und was, außer schwammiger Absichtserklärungen, hat es bisher gebracht?
Ein Klimarekord nach dem anderen
Besonders das Jahr 2023 hat drastisch gezeigt, dass es die Welt bisher nicht besonders ernst genommen hat mit der Umsetzung effektiver Strategien zur Reduzierung der Kohlenstoff-Emissionen und des Einsatzes fossiler Energien. Ein Negativrekord jagte in diesem Jahr den anderen, wie profil erst kürzlich berichtete: In vielen Ländern wüteten Waldbrände, ganze Landstriche wurden überflutet, der Nordatlantik erwärmte sich auf nicht vollständig erklärbare Weise, der Amazonas trocknete aus, Extremwetterereignisse häuften sich, ein Monat war heißer als der andere – und schlug die jeweils verfügbaren historischen Höchstwerte. Die überwiegende Zahl aller Quellen stimmt darin überein, dass 2023, global betrachtet, das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen war.
Ein denkwürdiger Tag war der 17. November dieses Jahres: Da lag die Durchschnittstemperatur der gesamten Erdoberfläche erstmals mehr als zwei Grad über der Temperatur zu Beginn der industriellen Revolution. Zwei Grad mag nach wenig klingen, doch erstens geht es eben um den Durchschnitt auf dem Planeten, und zweitens gehen Analysen davon aus, dass ab einem globalen Anstieg von knapp drei Grad eine Erwärmung erreicht wäre, an die sich der Mensch nicht mehr anpassen kann. Doch genau in diese Richtung steuert die Welt gerade – und fast jedes einzelne Klimamodell kommt zum Schluss, dass die Situation noch schlimmer ist als zuvor prognostiziert.
Die Alternativen werden leistbar
Es gibt auch gute Nachrichten, wie „Spektrum der Wissenschaft“ beschrieb: Beispielsweise sind viele Technologien, die eine Abkehr von fossilen Energien unterstützen, inzwischen zu akzeptablen Preisen verfügbar. Die Kosten für Solarparks seien pro Gigawatt Leistung um 90 Prozent gesunken, jene für Windparks um zwei Drittel. Und immerhin würde heuer, auch eine Art Kipppunkt, erstmals mehr Geld in Solarenergie als in fossile Energieproduktion investiert.
Man könnte der Reihe nach viele weitere Innovationen aufzählen, etwa im Bereich Batterieentwicklung und sanfter Rohstoffgewinnung, die wertvolle Beiträge leisten könnten. Die notwendigen Technologien werden also von der Wissenschaft nach und nach geliefert, und man darf davon ausgehen, dass die Forschung weiter voranschreitet. Die große Frage wird eher sein: Bringen all die Nationen, getrieben von vielen auseinanderstrebenden Interessen, diesmal den Mut und die Konsequenz auf, griffige Maßnahmen und Ziele zu formulieren und einer Umsetzung näherzubringen? Diesmal noch dazu unter dem Eindruck grausamer Kriege, wie profil soeben diskutierte?
Mit den Folgen leben
Die Erfahrungen der Vergangenheit nähren kaum die Hoffnung, dass die Konferenz diesmal anders enden wird als in all den Jahren zuvor. Möglicherweise sollten wir allmählich debattieren, wie wir mit den Folgen der Klimaveränderung umgehen und Landschaften sowie urbane Gebiete möglichst an die zu erwartenden Situationen anpassen, an Hitze, Trockenheit und gravierende Wetterschwankungen. Das ist kein Plädoyer dafür, keine Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, aber dafür, eine Debatte über ein Leben mit den Folgen des Klimawandels zu eröffnen – und zwar möglichst bald, bevor auch dafür die Zeit knapp wird.