Wie sich Lena Schilling bis jetzt als Politikerin schlägt
Berufspolitikerin will sie zwar keine sein, eine geworden ist sie aber trotzdem: Die designierte grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling hat in den vergangenen drei Wochen einen Medienmarathon absolviert, mehr oder weniger schwierige Interviewfragen („Lena Schilling oder Lena Euro?“ wollte beispielsweise Tageszeitung „Heute“ in einem Instagram-Reel wissen) beantwortet, war in den sozialen Medien beinahe omnipräsent und ist dabei stets professionell und wortgewandt geblieben – ganz so, wie eine Berufspolitikerin eben. Schilling meinte damit freilich, dass sie „für eine andere Art von Politik stehen will“, wenn sie dann morgen in einer Woche am Bundeskongress als Spitzenkandidatin bestätigt wird und der Wahlkampf für sie ganz offiziell beginnt.
Weil Schilling parteiintern für Stimmen werben oder zumindest eine Vorstellungsrunde drehen muss, klappert sie jetzt Landesorganisationen und Regionalmedien ab. Da geht es nach Bregenz und nach Eisenstadt, und diese Woche auch „back to the roots“, also: in die Lobau. Dort hat Schillings Politkarriere begonnen, wenn man so will, und dorthin spazierte sie auch mittwochs mit der Doppelspitze der Wiener Grünen, Judith Pühringer und Peter Kraus. Schilling betonte bei dieser Gelegenheit einmal mehr: Parteimitglied der Grünen will sie jedenfalls nicht werden.
Das hat sie vor zwei Wochen im Interview mit meiner Kollegin Iris Bonavida und mir auch schon gesagt – und sich gleich für ihre Verhältnisse relativ deutlich vom Koalitionspartner der Grünen, der ÖVP, abgegrenzt: Mit der Europäischen Volkspartei werde sie jedenfalls keinen Handschlag machen.
„Für ihre Verhältnisse“, denn: Nach dem Interview wurde Schilling dafür kritisiert, zu wenig radikale Forderungen zu stellen und zu weich zu formulieren – wenn sie nicht einmal gratis Öffis für alle wolle. Im Interview argumentierte sie lediglich für „leistbare“ öffentliche Verkehrsmittel.
Schilling schärfte also auf X (vormals Twitter) nach: „Klar, ich bin für gratis Öffis! Wenn es um Prioritäten auf EU-Ebene geht, bin ich dafür, dass das Öffinetz zuerst ausgebaut wird, die Kapazitäten erhöht und leistbarer gemacht werden. Damit möglichst alle Menschen schon heute was davon haben.“ Ob das die Kritiker:innen – die teilweise auch aus den eigenen Reihen kommen – besänftigt hat?
Zur Einstimmung auf die Europa-Wahl empfehle ich Ihnen übrigens nicht nur, regelmäßig profil zu lesen, sondern auch die Polit-Satire „Parlament“ auf Netflix. In der französisch-belgisch-deutschen Serienproduktion irrt der parlamentarische Mitarbeiter Samy durch die Gänge in Straßburg und Brüssel – eine sanfte, aber unterhaltsame Persiflage auf die politische Arbeit in der EU, die in der profil-Redaktion großen Anklang findet.