Die Internetkriminalität hat auch 2023 wieder zugenommen
Morgenpost

Wie umweltschädlich ist KI?

Forschende beleuchten ein wachsendes Problem: den enormen Energiehunger von Artficial Intelligence.

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Während Sie diese Zeilen lesen, setzen sich in den unermesslichen Weiten des Internets sehr wahrscheinlich Algorithmen in Gang, die ermitteln, welche Werbung zu ihnen passen könnte (wobei die Treffsicherheit häufig zu wünschen übrig lässt). Gleiches geschieht, wenn Sie eine Suchanfrage bei Google eintippen und auch dann, wenn Sie ein Sprachmodell wie ChatGPT mit einer Antwort beauftragen. Künstliche Intelligenz ist inzwischen fast allgegenwärtig – ob beim Erstellen oder Durchsuchen von Bildern, beim präzisen Überprüfen von Diagnosen in der Medizin, selbst bei kreativen Prozessen wie dem Komponieren oder Bearbeiten von Musik.

Ein Aspekt, der lange vernachlässigt wurde, wird zuletzt intensiver debattiert: die enorme Menge an Energie, die Artificial Intelligence (AI) für ihre Leistungen benötigt. Besonders beim Training von Deep-Learning-Systemen, also jenem Daten-Input, den die Programme anfangs benötigen, um sich Muster einzuprägen, ist deren Energiehunger gewaltig.

Ganze Kohlekraftwerke für KI

Vor wenigen Tagen veröffentlichte nun das Fachjournal „Nature“ detaillierte Zahlen darüber, welche Art von AI wieviel Energie verbraucht. Die energiesparendste Variante sind simple Suchanfragen: 1000 davon benötigen so viel Energie wie der Betrieb einer 25-Watt-Glühbirne für fünf Minuten. Bei KI-generierten Bildern sieht die Sachlage ganz anders aus: Um 1000 solche Bilder zu erzeugen, braucht man eine Menge an Energie, mit der man ein Smartphone 70 Mal komplett laden könnte.

Wenn das nicht besonders eindrucksvoll klingt, muss man hinzufügen: Ein Problem resultiert dann daraus, wenn Millionen Menschen weltweit gleichzeitig dieselbe Handlung ausführen. Das „Nature“-Autorenteam verweist darauf, dass die Leistung ganzer Kohlekraftwerke für den Energiebedarf von KI-Systemen benötigt wird – und zwar in steigendem Ausmaß: Prognosen gehen davon aus, dass sich der Stromverbrauch von Datenzentren bis 2026 verdoppeln wird.

Der nächste Anlass für Gewissensbisse?

Was lernen wir daraus? Dass wir in Zukunft nicht nur beim Autofahren oder bei Fernreisen ein schlechtes Gewissen haben sollten, sondern auch beim Dialog mit einem Chatbot? Oder dass wir besser darauf achtgeben sollten, welche Dienste wir nutzen, weil es einen großen Unterschied macht, ob wir Suchanfragen stellen oder bloß zum Zeitvertreib mit KI-generierten Bildern experimentieren? Oder dass beinahe alle bequemen Errungeschaften auch ihren Preis haben?

Beinahe zeitgleich zu der „Nature“-Studie erschien übrigens im selben Journal eine weitere, die die global besten Maßnahmen zur Eindämmung des Kohlendioxid-Ausstoßes untersuchte. Die Forschenden identifizierten 63 einzelne Maßnahmen, die meist dann am effizientesten waren, wenn einzelne von ihnen gezielt kombiniert wurden – etwa Restriktionen bei Verbrennungsmotoren bei gleichzeitigem finanziellem Anreiz zum Umstieg auf E-Autos wie in Norwegen.

Die Ermittlung dieser 63 Faktoren gelang, indem eine große Anzahl an internationalen Maßnahmen einbezogen, miteinander verglichen und bewertet wurden. Für die Auswertung zogen die Forschenden maschinelle Hilfe bei – und zwar in Gestalt einer künstlichen Intelligenz.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft