Morgenpost

Wissenschafts-Highlights 2024: Der Griff nach den Sternen

Eine bemannte Mission zum Mond, ein Blick zum Beginn des Universums: Forschende blicken heuer weit hinaus ins All, und das ist eine gute Nachricht.

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Zu Jahresbeginn veröffentlichen viele Wissenschaftsmedien traditionell einen Ausblick auf die wichtigsten Ereignisse und zu erwartenden Highlights des neuen Forschungsjahres. Die aktuellen Kompilationen des Fachjournals „Nature“ und des Wissenschaftsportals „Scinexx“ beinhalten zum Beispiel verbesserte Generationen künstlicher Intelligenzen wie ChatGPT-5, den Nachfolger der Sprachsoftware ChatGPT-4, die im Vorjahr omnipräsent war. Prognostiziert werden aber auch ernsthafte ethische Debatten über Artificial Intelligence und daraus resultierende rechtliche Regeln.

Weiters werden unter anderem folgende Innovationen aufgezählt: Populationen gezielt veränderter Stechmücken, die Infektionskrankheiten wie das Dengue- oder das Zika-Virus nicht mehr übertragen können; die Bilanz eines Forschungsprojekts zur Entschlüsselung der Geheimnisse des menschlichen Bewusstseins; und natürlich viele Initiativen, die auf einen Umgang mit den Folgen des Klimawandels abzielen.

In der thematischen Vielfalt sticht jedoch ein Forschungsbereich besonders heraus: der „Griff nach den Sternen“, wie es „Nature“ nannte. Tatsächlich steht heuer eine Reihe von Raumfahrtmissionen und astronomischen Experimenten am Programm, die unser Wissen über Ursprünge des Kosmos erweitern könnten. Der Höhepunkt dürfte die erste bemannte Mission zum Mond seit einem halben Jahrhundert sein: Im November soll Artemis II starten und vier Astronautinnen und Astronauten an Bord einer Orion-Kapsel auf eine zehntägige Reise um den Erdtrabanten schicken. Für 2025 ist dann die nächste Mondlandung geplant.

Spannende Ergebnisse könnte auch die jüngste Generation chinesischer Mondmissionen bringen. Wenn alles klappt, wird die Sonde Chang’e-6 erstmals Gesteinsproben von der erdangewandten Seite des Mondes zur Erde bringen – und dann vielleicht völlig neues Wissen über bisher buchstäblich dunkle Flecken unseres kosmischen Begleiters und auch unseren eigenen Planeten generieren. Ein Ausflug der NASA-Sonde Clipper wiederum, für kommenden Oktober geplant, soll den Ozean des Jupitermondes Europa inspizieren. Ziel ist die Suche nach Signaturen außerirdischen Lebens in unserem eigenen Sonnensystem.

Die Stunde Null des Universums

Außerdem sollen 2024 neue und leistungsstarke Teleskope allmählich ihren Betrieb aufnehmen, die ins All hinaus spähen, unbekannte Bausteine der Physik aufspüren und sogar bis zum Beginn des Universums zurückblicken sollen. Das Vera C. Rubin Observatory in Chile beispielsweise wird den Himmel nach erdnahen Asteroiden absuchen, aber auch Hinweise auf die geheimnisvolle dunkle Materie und dunkle Energie sammeln – beide sind Fixgrößen in den Modellen der Physik, konnten aber bisher nicht nachgewiesen werden. Und das Simons Observatory, ebenfalls in Chile, soll das Nachglühen des Urknalls studieren: die Sekunden und Minuten unmittelbar nach dem Urknall, in denen gleichsam die Weichen für unsere heutige Welt gestellt wurden.

Der Blick weit hinaus ins All könnte durchaus ein wohltuender Kontrapunkt zu all dem Gezank auf unserer kleinen Erde sein, das uns in diesem Superwahljahr vermutlich ausgiebig beschäftigen wird. Und der Fokus auf neue Erkenntnisse der Astronomie wäre fraglos geeignet, unsere Bedeutung im Universum zu überdenken, besonders angesichts der im Kosmos geltenden Dimensionen wie auch Zeitskalen. Die USA und Russland gaben übrigens bekannt, zumindest im Weltraum auch 2024 weiterhin zu kooperieren. Und das ist eine gute Nachricht, findet

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft