100 Jahre Erster Weltkrieg:

100 Jahre Erster Weltkrieg.

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Zum Jahreswechsel werden Bilanzen gezogen. Im Jahr 1913 gab es in Wien 606 Selbstmorde (2013 werden es rund 200 sein). Auch die junge Aeronautik veröffentlicht ihre Opferzahlen: 1913 verunglückten 106 „Luftschiffer“ (2013 kamen weltweit 250 Menschen bei Flugzeugabstürzen ums Leben).

Von kleinen Unfällen berichtet die Lokalpresse. Die „Salzburger Chronik“ etwa meldet am 12. Jänner aus Taxenbach: „Das Schulkind Theresia Rasser kam unter einem rollenden Block zu liegen und liegt krank darnieder; hätte auch leicht tot sein können.“

Tragischer endet ein Angriff eines Wolfsrudels auf eine Ausflugsgesellschaft nahe der russischen Schwarzmeerstadt Odessa: Acht Ausflügler werden von den ausgehungerten Tieren zerfleischt. Schon in den Wochen zuvor waren zwölf Menschen an der Schwarzmeerküste von Wölfen getötet worden.

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In Wien ist es bitterkalt. Eisschollen am Donaukanal haben die Behälter am Fischmarkt beim heutigen Schwedenplatz beschädigt. Am Semmering findet ein Länderkampf im Skisprung (Foto) statt. Sieger wird die norwegische Mannschaft mit Sprüngen von 33, 30,5 und 35 Metern. Die Österreicher fallen auf Rang zwei zurück, weil der letzte Springer der Mannschaft nur 27 Meter schafft. Dritte werden die Schweizer.

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Österreich hat ein ernstes Problem: die Landflucht. Immer mehr Menschen wandern wegen der fallenden Agrarpreise in die Städte ab, ohne dass sie schon durch Maschinen ersetzt werden können. Über die Folgen schreibt die „Neue Zeitung“ am 13. Jänner: „50.000 bis 60.000 Arbeitslose hat Wien im vergangenen Sommer und Herbst beherbergt, und draußen am Land gingen den Landwirten Feldfrüchte und viel Futter zugrunde, weil bei weitem nicht so viel Hände da waren, um den Segen Gottes zu bergen … Große Gebietsteile in unserem Vaterland liegen brach und selbst früher bebauter Grund liegt verödet.“

In der Stadt hingegen geht es voran: Am 14. Jänner eröffnet Bürgermeister Weiskirchner das neue Amtsgebäude in Wien-Hietzing, dessen markanter Turm noch heute die Westeinfahrt der Stadt markiert.

Der Kardinalvikar von Rom fordert die Pfarrer auf, dem Tangotanz „mit unnachsichtiger Strenge“ entgegenzutreten, weil dieser „in seiner rohen Sinnlichkeit den Gesetzen der Moral und der Ästhetik Hohn spricht“.

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Im Reichsrat obstruieren die tschechischen Abgeordneten seit Jahren, weil ihnen – anders als den Ungarn – ihre nationalen Rechte vorenthalten werden. Am 14. Jänner um 19.30 Uhr ergreift der Abgeordnete Stanek das Wort, spricht zuerst Deutsch, dann Tschechisch und macht keine Anstalten, seine Rede zu beenden. Um 21 Uhr verfügen sich die meisten anderen Abgeordneten ins Buffet, um Mitternacht sitzen noch zwei Minister auf der Regierungsbank. Um 0.50 Uhr spricht Stanek unverdrossen weiter, aber der Berichterstatter der „Neuen Freuen Presse“ beendet seinen Dienst.

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Am Wochenende läuft in der Danubius-Werft in Fiume (heute Rijeka) das k. u. k. Schlachtschiff „Szent Istvan“ vom Stapel. Das 160 Meter lange Schiff ist das modernste der kaiserlichen Marine – und doch wird es während fast des gesamten Krieges im Hafen von Pola liegen, weil die Entente die Straße von Otranto mit Minen und Ketten gesperrt hat. Erst am 8. Juni 1918 wird die Marineführung das erste Auslaufen des Schlachtschiffs befehlen, um die Sperren bei Otranto zu brechen. Weit kommt es nicht. Ein italienisches Torpedoboot trifft die „Szent Istvan“ um 3.30 Uhr des 10. Juni tödlich. 89 Matrosen sterben.

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Die christlichsoziale „Reichspost“ vermeldet: Der Kaiser fuhr am Sonntag um 10.30 Uhr in das erzherzogliche Palais auf der Favoritenstraße (das Theresianum), um dort den Erzherzoginnen Marie Therese und Maria Annunziata einen Besuch abzustatten. Die beiden Damen stehen in der adeligen Rangordnung ganz oben: Die Habsburgerin Marie Therese, 65, ist mit Bayerns König Ludwig III. verheiratet, der im Jahr zuvor den Thron bestiegen hat. Maria Annunziata, 38, ist die Schwester von Thronfolger Franz Ferdinand. Dessen Frau Sophie, eine bloße Gräfin von Chotek, wäre eines kaiserlichen Besuchs nicht würdig gewesen.

Tags darauf sucht Generalstabschef Franz Conrad, geadelter „von Hötzendorf“, den Kaiser in Schönbrunn auf. Die Zeitungen vermelden nur den Besuch, aber nicht den Inhalt des Gesprächs. Tatsächlich drängte der Kriegstreiber Conrad wieder einmal auf einen Präventivschlag gegen Serbien – aber davon durfte die Öffentlichkeit noch nichts erfahren.

Noch 28 Wochen bis zum Krieg.

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