Akademiker in Österreich: BHS-Schüler werden eingerechnet
Noch dümpelt der Anteil der Hochschulabsolventen in der Gruppe der 30- bis 34-Jährigen bei 27 Prozent und liegt damit deutlich unter dem EU-Schnitt von 37 Prozent. Das wird sich nun ändern. 2015 wird Eurostat die nächsten Quoten veröffentlichen, die nach einem komplett neuen Schema berechnet werden. Beschlossen wurde das neue Regelwerk bereits bei der Unesco-Generalkonferenz 2011. Im Vorfeld hatten Beamte des heimischen Wissenschaftsministeriums sowie unzählige Mitarbeiter anderer Staaten darum gekämpft, die Kategorien des von der Unesco entwickelten International Standard of Classification of Education (ISCED) möglichst schwammig zu halten. Die Österreicher waren dabei besonders erfolgreich: Künftig zählen auch die Schüler der vierten und fünften Klassen berufsbildender höherer Schulen (BHS) als Akademiker was die Tertiärquote um 13 Prozentpunkte in die Höhe schnalzen lässt.
In der alten Berechnung sind BHS-Schüler unter ihrem Wert geschlagen worden, das rechtfertigt aber nicht ihre Aufwertung zu Akademikern, sagt Martin Unger vom Institut für Höhere Studien. Ebenfalls nicht einzusehen sei, dass der Facharbeitertitel Meister seit Jahren in die Tertiärquote eingerechnet werden. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verteidigt die Klassifizierung gegenüber profil: Mit der Zuordnung von BHS-Schülern zum ISCED Level 5 werden diese nicht zu Akademikern gemacht, sondern einem kurzen tertiären Bildungsprogramm zugeordnet.
Die Grüne Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer warnt vor den Folgen. Im Wissenschaftsbudget für 2015 wird die neue Superquote bereits verwendet. Als Istzustand 2012 führt das Ministerium 39,6 Prozent an, für 2013 werden bereits 40 Prozent veranschlagt. Somit ist das von der EU vorgegebene Ziel für 2020 bereits jetzt erreicht. Auf diesen Lorbeeren will man sich ausruhen: Hier ist man übereingekommen, dass bis 2020 40 Prozent der 30- bis 34-jährigen Bevölkerung über einen tertiären Bildungsabschluss oder einen entsprechenden Abschluss verfügen sollen, antwortete das Ministerium auf eine Budgetanfrage Maurers. Das Ministerium erschwindelt sich damit nicht nur eine höhere Akademikerquote. Mit der falschen Behauptung, man hätte bereits die vereinbarten 40 Prozent erreicht, können auch weitere Zugangsbeschränkungen an den Unis argumentiert werden, sagt Maurer. Die Generalsekretärin der Universitätenkonferenz, Elisabeth Fiorioli, sieht das ähnlich: Ich verstehe zwar die österreichische Sondersituation, aber ein BHS-Abschluss darf nicht mit Hilfe der Statistik in einen Universitätsabschluss umgewandelt werden. Wissenschaftsforscher David Campbell ist gespannt, ob der Staat für die hoch qualifizierten Schüler auch den Stellenmarkt des öffentlichen Diensts öffnet. Schließlich reicht derzeit nicht einmal ein Bachelor-Abschluss, um in den höheren Dienst aufzusteigen.