Alexander Van der Bellen klar zum Bundespräsidenten gewählt
Auch mit bald 79 Jahren muss Alexander Van der Bellen nicht in den Ruhestand. Die Österreicher wählten ihn am Sonntag gegen sechs Herausforderer klar als Bundespräsidenten wieder. Mit 54,6 Prozent der am Sonntag ausgezählten Stimmen erhielt er schon im ersten Durchgang die absolute Mehrheit. Die Briefwahl dürfte ihn noch in Richtung 56 Prozent hieven. Platz zwei ging an den FPÖ-Kandidaten Walter Rosenkranz.
Dieser liegt derzeit bei 19,1 Prozent, wird aber mit der Auszählung der allermeisten Briefwahlstimmen am Montag wohl noch in Richtung 17 bis 18 Prozent zurückfallen. Wegen der hunderttausenden ausstehenden Stimmen ist auch das Duell um Platz drei noch nicht endgültig entschieden. Vorerst liegt Rechtsanwalt Tassilo Wallentin mit 8,4 Prozent noch knapp vor Dominik Wlazny von der Bierpartei, für den zunächst 8,2 Prozent ausgewertet wurden. Hochrechnungen von SORA und ARGE Wahlen erwarten jedoch noch einen Platzwechsel zwischen den beiden. Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker Gerald Grosz kam am Wahlabend auf 6,0 Prozent, MFG-Kandidat Michael Brunner auf 2,2 Prozent und Schuhproduzent Heinrich Staudinger erzielte 1,6 Prozent der Stimmen.
Seine Amtsführung werde er nicht groß ändern, beteuerte Van der Bellen in seinen ersten Interviews. Schließlich hätten ihn die Österreicher ja wiedergewählt: "Mein Hauptziel ist, verlässlich zu sein." In einer Social Media-Botschaft lud der Bundespräsident alle "konstruktiven Kräfte" ein: "Packen wir's gemeinsam an, freilich nicht, ohne sich davor bei den Österreichern insgesamt für die Teilnahme und bei seinen Wählern für ihre Stimme zu bedanken. Sein erstes Vorhaben nach dem Wahlsieg: "Ausschlafen".
Wirklich enttäuscht war man bei der Konkurrenz nicht, hatten doch die Umfragen solch ein Ergebnis erwarten lassen. Rosenkranz, der am Montag wieder in der Volksanwaltschaft seinen Dienst antritt, sah im Gegensatz zur verpassten Stichwahl sein zweites Wahlziel, nämlich Platz zwei, erreicht. Zudem darf er sich am wahrscheinlich zweitbesten Ergebnis eines FP-Kandidaten bei einer Hofburg-Wahl nach jenem von Norbert Hofer vor sechs Jahren erfreuen. Quer durch das Land würdigten freiheitliche Spitzen sein Abschneiden als Achtungserfolg. FPÖ-Chef Herbert Kickl sandte aus, dass das "politische Establishment" an seine Grenzen gekommen sei.
Während sich Kanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer mit schriftlichen Glückwünschen begnügte, dominierte bei den liberalen und linken Parteien Erleichterung. "Gerade in stürmischen Zeiten ist es wichtig, dass es einen Bundespräsidenten gibt, der Stabilität garantiert", sagte etwa Grünen-Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler zum Sieg seines ehemaligen Parteikollegen. Auch SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner interpretierte das Ergebnis als "Entscheidung für Stabilität und Kontinuität". NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger freute sich, dass das Ergebnis so klar war. Sie hatte Van der Bellen sogar bei Auftritten im Wahlkampf unterstützt.
Im Schatten blieben die unabhängigen Kandidaten bzw. Vertreter von nicht im Parlament vertretenen Parteien. Wlazny könnte aber laut Hochrechnungen in Wien Platz zwei hinter Van der Bellen erreichen. Nicht nur deshalb wertete er sein Antreten als "Bereicherung für die Demokratie". Wallentin fand sein eigenes Abschneiden gar sensationell: "Umgelegt auf eine Nationalratswahl wäre das ein Erdrutschsieg." Wlazny bleibt in Wien-Simmering Bezirksrat, bezüglich weiterer politischen Ambitionen hielt er sich ebenso bedeckt wie Wallentin.
Grosz hingegen plant aktuell keinen Antritt mit einer Partei bei kommenden Urnengängen. Sein Ergebnis stellt für ihn einen Achtungserfolg dar. Dass es zu keiner Stichwahl kommt, ist für ihn der Wermutstropfen. Staudinger führte sein schwaches Ergebnis auf die geringen budgetären Mittel zurück. Er hofft nun auf die Zivilgesellschaft. Für MFG-Chef Brunner ist zumindest positiv, dass man die eigenen Botschaften unter das Volk bringen habe können. Als Partei will man jedenfalls weiter machen.
Eines ist mit dem heutigen Tag jedenfalls fix: Van der Bellen, seit Jänner 78, ist mit dem Votum der am Tag seiner (Wieder-)Wahl älteste Präsident des Landes. Zu verdanken hat er das unter anderem den Wienern, die ihm mit weit mehr als 60 Prozent im Amt bestätigten. Auch in den drei westlichen Bundesländern reüssierte er überdurchschnittlich.
Auf der anderen Seite hätte es eine Stichwahl gegeben, wenn es nur nach den Kärntnern gegangen wäre. Dort erreichte Van der Bellen bloß 44 Prozent, Rosenkranz vergleichsweise starke 25 Prozent. Auch in der Steiermark war der Freiheitliche stärker als im Bundesschnitt. Schwer tat sich Rosenkranz vor allem im städtischen Bereich.