Als die Türkisen sogar das rote Wien eroberten – dank „Research Affairs“
Die Ermittlungen rund um die Umfragen-Causa sorgen weiter für Gesprächsstoff. Und immer mehr Publikationen des Instituts Research Affairs erscheinen nachträglich im Zwielicht. Am Dienstag warf zuletzt die Organisation „SOS Mitmensch“ dem Institut „Manipulation“ vor und bezog sich auf eine Umfrage zur österreichischen Staatsbürgerschaft im Juni 2021.
Der „Kurz-Effekt“
Dass es auch im heurigen Jahr zu Deals mit Research Affairs kam, dafür gibt es derzeit keine Hinweise. Anders sieht es bekanntlich für die Jahre 2016 und 2017 aus. Damals, so der Vorwurf der Korruptionsermittler, soll Research Affairs mit Steuergeld bezahlte, geschönte Umfragen erstellt haben. In der Mediengruppe „Österreich“ sei damit dann Stimmung für die türkise ÖVP gemacht worden, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Tatsächlich hat der Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik bereits einen verstärkten „Kurz-Effekt“ bei Umfragen von Research Affairs im Mai 2017 ausgemacht. Sonderbar erscheinen nun aber auch andere Umfragen, wie etwa eine Sonntagsfrage vom August 2017, zwei Monate vor der damaligen Nationalratswahl: „Research Affairs hat noch eine Sensation parat“, schrieb die Tageszeitung „Österreich“ damals: „Sogar im roten Wien führt die ÖVP jetzt mit 28 %.“ Dass die Kurz-ÖVP in Wien vor der SPÖ (die in der Umfrage auf 27% kam) lag, hatte Research Affairs wahrlich weltexklusiv - kein anderes Institut publizierte solche Werte für die Bundeshauptstadt. Und beim Wahlgang im Oktober 2017 fiel das Ergebnis mit 34,5% für die SPÖ und 21,6% für die ÖVP in Wien dann auch völlig anders aus.
Fragen zu den konkreten Vorgängen der damaligen Zeit werden im Finanzministerium derzeit nicht beantwortet, man verweist „auf eine interne Revision zum Themenbereich.“ Auch der Rechnungshof prüft mittlerweile Umfragen und Studien aus dem Finanzministerium. Der Problematik von nicht veröffentlichten Studien widmet sich profil auch ausführlich in der aktuellen Ausgabe – neben einer Reihe anderer Einfallstore für Korruption, denen die Regierung nun entgegenwirken sollte. Wenn sie denn will.
Kommen Sie gut durch die restliche Woche!
Thomas Hoisl
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