Amnesty International: „Man zerstört die europäische Idee“
Grenzen dicht: Österreichs Innenministerin Johann Mikl-Leitner (ÖVP) ließ mit der Ankündigung aufhorchen, in Spielfeld an der Grenze zu Slowenien einen Zaun errichten zu wollen. profil.at sprach mit Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich (AI), über die aktuelle Situation in der Südsteiermark und „wirkungslose“ Sperren.
profil: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation in der Südsteiermark ein? Heinz Patzelt: Der Flüchtlingsstrom ist eine große Herausforderung, die Österreich menschenrechtlich bisher sehr ordentlich bewältigt hat. Es wird aber zunehmend kritisch. Wir haben Meldungen darüber, dass immer öfters auch Babys und kleine Kinder über Nacht im Niemandsland schlafen mussten, da die Abwicklungen derzeit langsamer werden. Noch passiert hier aber gute Arbeit, die Herausforderung ist bewältigbar.
Eine Sperre kostet viel Geld und ist wirkungslos.
profil: Was bewirken „feste, technische, kilometerlange Sperren", wie sie die Innenministerin angekündigt hat? Patzelt: Diese Ankündigung ist politischer Aktionismus. Eine Sperre kostet viel Geld und ist wirkungslos, außer, dass die Menschen rundherum laufen werden. Immerhin haben diese Menschen schon einen weiten Weg hinter sich. Wer Zäune baut, gesteht politische Verwirrung ein. Ein Zaun ist nur dann eine wirksame, wenn auch menschenrechtlich skandalöse Maßnahme, wenn er mit Waffengewalt verteidigt wird.
profil: Wie schätzen Sie die Symbolwirkung des Grenzzauns ein? Patzelt: Es ist ein Signal, politisch aufzugeben. Österreich würde von der menschenrechtlichen Champion-Seite, wo wir bisher gemeinsam mit Deutschland gestanden sind, zum zaunbauenden Loser-Klub wechseln.
profil: Scheitert die Idee Europa an der Flüchtlingskrise? Patzelt: Das wird die Zukunft zeigen. Man kann wie Deutschland versuchen, genau das zu verhindern und europäische Solidarität einzufordern. Oder man zerstört die europäische Idee, wie das aktuell Länder wie Ungarn oder Tschechien betreiben. Aber auch das reine Zusehen vieler EU-Länder hilft uns nicht weiter. Man wird sich in Europa schnell entscheiden müssen, welchen Weg man einschlagen will. Es kann nämlich bald zu spät sein.
Mitarbeit: Christina Feist