Anklagen im Skandal um das „Multiversum“ Schwechat

Elf Personen müssen wegen der Sportförderung für den Hallenkomplex vor Gericht – darunter Ex-SPÖ-Nationalrat Hannes Fazekas und Ex-Tischtennis-Weltmeister Werner Schlager.

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Im Skandal um den Hallen-Komplex „Multiversum“ in Schwechat bei Wien gibt es zwei Anklageschriften.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft elf Personen versuchten schweren Betrug beziehungsweise Untreue in Millionenhöhe vor. Angeklagt sind unter anderem der frühere SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Schwechater Bürgermeister Hannes Fazekas, Ex-Tischtennis-Weltmeister Werner Schlager sowie fünf Mitarbeiter des Sportministeriums, die unter dem damaligen Minister Norbert Darabos (SPÖ) für die Vergabe beziehungsweise die Kontrolle der Bundessportförderung zuständig waren.

Laut Verdachtslage sollen 2010 und 2012 insgesamt bis zu 7,8 Millionen Euro an Sportförderung in Zusammenhang mit dem „Multiversum“ zu Unrecht zugesagt worden sein. 2,9 Millionen Euro davon wurden tatsächlich ausbezahlt. Alle Betroffenen bestreiten sämtliche Vorwürfe. Die Anklage ist bereits rechtswirksam. Die Republik fordert das Geld im Rahmen einer Zivilklage von der Betreiberfirma zurück.

Beim „Multiversum“, das ursprünglich neben einer Mehrzweckhalle auch eine Tischtennishalle für ein Akademie-Projekt von Werner Schlager beheimatete, handelte es sich um ein politisches Wunschprojekt der SPÖ-Hochburg Schwechat bis hinauf in die Bundesregierung. Der Ermittlungsakt zeigt eine Reihe politischer Interventionen auf.

Fazekas sagte aus, der frühere SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer habe ursprünglich eine Förderung von acht Millionen Euro zugesagt. Dem entsprechend forderte die Stadt später vom Sportministerium unter Darabos rasch einen ersten Fördervertrag über 2,8 Millionen Euro und eine schriftliche Zusage für die weiteren Mittel. Ein hochrangiger Mitarbeiter der Stadtgemeinde schrieb ans Ministerium: „Ich hätte mir wenigstens eine Reaktion auf meine Mails erwartet, wie es unter Partnern (SPÖ-Minister – SPÖ-Nationalrat und Bürgermeister) eigentlich üblich ist.“

Tatsächlich schickte Darabos daraufhin eine Absichtserklärung für eine weitere Förderung über fünf Millionen Euro. Die WKStA wertete dies jedoch nicht als Weisung. Die Ermittlungen gegen Darabos wurden Anfang 2020 eingestellt. Den angeklagten Beamten wird vorgeworfen, in „vorauseilendem Gehorsam“ die „politische Befürwortung des Bundesministers“ umgesetzt zu haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen seien.

Eine zweite Anklageschrift stammt von der Staatsanwaltschaft Korneuburg und richtet sich gegen vier Personen. Es geht um mutmaßliche Malversationen rund um das „Multiversum“ abseits der Sportförderung. Diese Anklageschrift ist noch nicht rechtswirksam, es gibt zumindest einen Einspruch. Sollte sie rechtswirksam werden, könnten die beiden Anklagen zusammengelegt und in Wien verhandelt werden. Ein Verhandlungstermin in Wien ist wegen der aktuellen Corona-Situation und der hohen Anzahl an Angeklagten noch nicht absehbar.

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg hat noch nicht alle ihre Ermittlungen in Zusammenhang mit dem „Multiversum“ abgeschlossen. Es ist also möglich, dass es noch zu weiteren Anklagen kommen wird.

Die WKStA wiederum setzte 2018 auch Ermittlungsschritte in Bezug auf die seinerzeit zuständige niederösterreichische Landesrätin Petra Bohuslav (ÖVP). Die nunmehrige kaufmännische Geschäftsführerin der Wiener Staatsoper teilte auf profil-Anfrage mit, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Niederösterreich gewährte in Zusammenhang mit der Werner-Schlager-Akademie eine Förderung von 2,8 Millionen Euro.

„Das Projekt wurde umfassend geprüft, die Förderung des Landes NÖ für die Werner Schlager Akademie entspricht den Richtlinien des NÖ-Sport-Gesetzes“, meint Bohuslav. „Dementsprechend bin ich überzeugt, dass dieses Verfahren dies auch klar bestätigen wird.“ Sie habe sich nichts vorzuwerfen. Auf Anfrage teilte das Land Niederösterreich mit, eine Rückforderung der ausbezahlten Förderungen von der Gemeinde zu prüfen.

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Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.