Arnold Schiefer (FPÖ), FPÖ-Chef Herbert Kickl, Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Norbert Nemeth (FPÖ) am Mittwoch, 21. August 2024, anl. der Präsentation FPÖ "Wahlprogramm" in Wien.
Österreich

Anleitung zur Dritten Republik

Herbert Kickls Wahlprogramm will Menschenrechte aufheben, fordert die Abschottung Österreichs und Meldestellen gegen linke Lehrer. Die Bundesverfassung möchte der FPÖ-Obmann tiefgreifend ändern.

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Große Umbauten beginnen mit dem ersten Abriss. Sollte er Kanzler werden, sagt Herbert Kickl, würde er als erste Maßnahme wieder den alten Text der Bundeshymne einführen und die „großen Töchter“ streichen. Was danach käme, legt der FPÖ-Obmann nun im blauen Wahlprogramm mit dem Titel „Festung Österreich, Festung der Freiheit“ vor. Er werde, so Kickl im Geleitwort, „als Volkskanzler vom ersten Tag an alles tun, um den Österreichern ihre Freiheit zurückzugeben“. Welche Freiheit er meint, lässt sich auf 140 Seiten nachlesen.

Kickls Plan sieht neben Detail-Skurrilitäten wie „die Erhaltung des Gebrauchshundesports“ eine tiefgreifende Änderung der österreichischen Bundesverfassung vor. Auch Kickls Idol Jörg Haider entwarf derartige Konzepte, er plante eine „Dritte Republik“. Im Jahr 1994 veröffentlichte das Freiheitliche Bildungswerk eine Denkschrift mit dem Titel „Weil das Land sich ändern muss! Auf dem Weg in die Dritte Republik“. Autoren waren der Historiker Lothar Höbelt und der Rechtsprofessor und spätere Dritte Nationalratspräsident Wilhelm Brauneder. Wenige Monate nach der Veröffentlichung fand ein junger Mann aus Kärnten seinen ersten Job in der blauen Parteiakademie: Herbert Kickl.

In seinem Buch „Die Freiheit, die ich meine“ führte Haider das Konzept weiter aus. Sein Plan sah die Umgestaltung der repräsentativen Demokratie, einen starken Staatspräsidenten und den Ausbau von Referenden vor.

Jörg Haider träumte zeitlebens vom Kanzleramt, doch kam er ihm nie so nah wie sein Redenschreiber Kickl. Vier Wochen vor der Nationalratswahl am 29. September liegt die FPÖ in allen Umfragen voran. Wie ein „Volkskanzler“ Kickl das Land umbauen würde, wird im Wahlprogramm der FPÖ unter den Großkapiteln „Individualität“, „Souveränität“, „Homogenität“ und „Solidarität“ abgehandelt und vom freiheitlichen Obmann persönlich kommentiert. Es ist Kickls Anleitung zur – auch wenn er es nicht so nennt – Dritten Republik.

Das Misstrauen des Volkes

Per „Volksinitiative“ soll die Regierung jederzeit abgesetzt werden können. Es ist ein wenig ungewöhnlich, dass ausgerechnet die Partei, die in der kommenden Legislaturperiode den Kanzler stellen möchte, davon ausgeht, dass es dringend eines Gesetzes bedarf, um eine „unfähige Regierung“ oder „unfähige Regierungsmitglieder“ abwählen zu können. Genau das schlägt die FPÖ unter dem Titel „Direkte Demokratie ausbauen“ vor.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur