Aus der Redaktion
In der Historie der Menschheit gab es wenige Persönlichkeiten, deren Denken nicht nur geistesgeschichtliche, sondern real existierende Folgen zeitigte. Karl Marx (1818–1883) gehört zweifelsohne zu diesem erhabenen Kreis. Seine revolutionäre Kulturleistung bestand darin, einerseits an die abendländische Tradition der Philosophie anzuknüpfen, sie andererseits aber statt in der Metaphysik konsequent in der Ökonomie zu verankern und daraus eine gesellschaftspolitische Utopie abzuleiten (die im 20. Jahrhundert zwischen Ostberlin, Moskau und Peking in großem Maßstab pervertiert wurde). Wer ernsthaft über Kapitalismus, seine Funktions- und Wirkungsweisen nachdenkt, kommt bis heute an Marx nicht vorbei – und sei es notfalls auch nur, um dessen Ansätze pauschal zurückzuweisen.
Worin die ungebrochene Aktualität der marxistischen Weltsicht liegt, ist Gegenstand der Titelgeschichte dieser Ausgabe. Clemens Neuhold sprach mit dem Alt-Bundespräsidenten Heinz Fischer, der kommunistischen Grazer Vize-Bürgermeisterin Elke Kahr, der SJ-Vorsitzenden Julia Herr und dem Wirtschaftswissenschafter Bernhard Felderer über „ihren“ Marx. Christa Zöchling setzt sich mit der Rezeptionsgeschichte und dem ambivalenten geistigen Erbe des deutschen Großdenkers auseinander, und Stefan Grissemann traf August Diehl, Hauptdarsteller des diese Woche anlaufenden Films „Der junge Karl Marx“, zum Interview.
Darf ein mutmaßlicher Plagiator Staatsoperndirektor werden? Diese Frage treibt die heimischen Kultureliten um, seit Michael Nikbakhsh vergangenen Dienstag auf profil.at enthüllte, dass Bogdan Roščić Teile seiner Dissertation über Theodor W. Adorno (1988) wortwörtlich abgekupfert haben dürfte, und zwar ohne Quellenangabe. In der aktuellen Ausgabe nimmt der Philosophieprofessor Alfred Pfabigan, seinerzeit einer der Betreuer von Roščić, zur heiklen Causa Stellung: „Abschreiben, das geht gar nicht!“
Ihre Redaktion