Aus der Redaktion
Ein turnsaalgroßer Büroprunkraum wie eine Kulisse: Palisander-Blattgold-Decke, Damast an den Wänden, Edelholzvertäfelung. Ganz oben auf dem Papier-und Aktenturm liegt das kleine Präsent für den Nachfolger, eine grellpinke Karte mit der Aufschrift "Sorry, aber kannst Du bitte noch kurz die Welt retten?" Im November 1994 ist Michael Häupl hier ins Bürgermeisterbüro im Wiener Rathaus eingezogen, jetzt packt er zusammen, kommende Woche zieht er aus. Sein so üppiges wie vollgeräumtes Büro mute wie ein Anachronismus an - und das gelte irgendwie auch für den Bewohner, schreibt Eva Linsinger, die den längstdienenden Landeshauptmann zum Abschied interviewte und ins Zentrum der aktuellen Titelgeschichte stellte. Häupl übergibt seinem Nachfolger Michael Ludwig eine pulsierende Metropole - mit allen Problemen, die damit einhergehen.
Der Fall BVT, ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren und kein Ende. Seit bald drei Monaten arbeitet sich Michael Nikbakhsh an den Vorgängen rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ab. Und wird immer noch von Rechercheergebnissen überrascht. Wie sich jetzt herausstellt, landete unter anderem auch eine vollständige Personalliste des Nachrichtendienstes, der allergrößten Wert auf den Identitätsschutz seiner Mitarbeiter legt, im Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft. In der Liste finden sich auch die Namen verdeckter Ermittler. "Ein Akt mag vieles sein, aber ganz gewiss kein probater Ort, um ein Geheimnis abzulegen. Im Laufe der Zeit kommen außerhalb des Ermittlungsapparats eine Menge Menschen mit Akteninhalten in Berührung. Politiker zum Beispiel, Journalisten, Aktivisten, Nachrichtenhändler, Rechtsanwälte sowieso", schreibt Nikbakhsh. Im konkreten Fall könnte sogar eine angeblich "geschädigte" ausländische Macht Akteneinsicht beantragen: Nordkorea.
Ihre Redaktion