Aus der Redaktion

Eintauchen in die Verbotskultur und ein Selbstversuch mit Selbsthilfebuch: Die Woche in der profil-Redaktion.

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Liebe Leserin, lieber Leser

In der italienischen Stadt Eboli ist leidenschaftliches Küssen im Auto streng untersagt; bei Zuwiderhandlungen drohen 500 Euro Strafe. Im Adria-Badeort Ereclea ist es verboten, Sandburgen zu bauen (Strafmaß unbekannt). Britische Abgeordnete wiederum dürfen nicht in Ritterrüstung im Parlament erscheinen. Im US-Bundesstaat Florida schließlich ist Frauen prinzipiell zwar das Fallschirmspringen erlaubt, nur nicht am Sonntag. Verbote gibt es, seit der Mensch beschlossen hat, seine Existenz in der Gemeinschaft von seinesgleichen zu fristen. Manche Ethnologen sehen darin sogar eine unabdingbare Voraussetzung für jedwede funktionsfähige Gesellschaft. Wir brauchen Regeln, um uns in der Realität zurechtzufinden. Und wenn wir nicht genau wissen, was wir tun sollen, ist es uns im Zweifelsfall lieber, vorgeschrieben zu bekommen, was wir auf gar keinen Fall tun dürfen. „Immer weiter dringt die Verbotskultur in den persönlichen Lebensvollzug vor: Rauchverbote in Parks, Alkoholverbote auf Plätzen, Essverbote in U-Bahnen, Handyverbote in Öffis und Benimmvorschriften in Bädern dominieren den Alltag“, schreiben Christina Pausackl und Jakob Winter in der aktuellen Titelgeschichte: „Woher kommt diese Regelwut? Und wo führt sie hin?“

Verbote dienen vor allem dazu, die mit vielen Risiken und Ärgernissen verbundene Komplexität sozialer Interaktionen zu kanalisieren. Die Frage, wie man gut und richtig lebt, treibt jedoch nicht nur gesetzgebende Behörden um, sondern seit jeher auch die (mehr oder weniger) sinnstiftende Branche der Ratgeberliteratur. Sebastian Hofer hat die neuen Bücher von Christian Ankowitsch und Thomas Brezina gelesen, in denen das Hohelied der Einfachheit angestimmt und vielfach variiert wird. Sein Fazit nach insgesamt 576 Seiten krampfhaft komplexitätsreduzierender Lektüre: „Leider ist es halt doch nicht immer so einfach.“

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