Aus der Redaktion
Man kann der SPÖ weiß Gott nicht nachsagen, dass sie das breite Publikum mit ereignisloser Gleichförmigkeit langweile. Man könnte sie allerdings verdächtigen, es damit ein klein wenig zu übertreiben. Das strategiepolitische Feuerwerk, das die Genossinnen und Genossen in der vergangenen Woche abfackelten, bot, wertfrei betrachtet, durchaus einigen Unterhaltungswert; es war, kritisch betrachtet, aber kaum dazu angetan, das Musterbild einer in sich selbst ruhenden, mit stolzen Visionen und konzertierter Tatkraft gesegneten Bewegung zu vermitteln. Am Dienstag gab Christian Kern bekannt, als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl 2019 anzutreten, und überraschte damit nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch und vor allem die eigene Partei, die nun dringend eine neue Führung brauchte.
In der aktuellen Titelgeschichte liefern Eva Linsinger, Clemens Neuhold und Christa Zöchling eine Chronologie der roten Chaostage, ziehen die wenig ruhmreiche Bilanz von Kerns bisheriger Politkarriere und bewerten das Potenzial seiner Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner.
Allen selbstverschuldeten Turbulenzen zum Trotz steht die SPÖ im internationalen Vergleich immer noch recht stramm da. Fast überall sonst in Europa wird der Sozialdemokratie in Wahlen und Umfragen der Status eines Auslaufmodells bescheinigt. Gregor Mayer, Martin Staudinger, Robert Treichler und Christoph Zotter analysieren die dramatische Existenzkrise einer vormals übermächtigen politischen Kraft.
Es gibt jedoch noch kleine Inseln der Harmonie und Zuversicht. Rosemarie Schwaiger besuchte den Parteitag der SPÖ-Vorarlberg, wo ein neuer Landeschef mit triumphaler Mehrheit gekürt wurde und Ehrengast Christian Kern erklärte: „Wir sind in Europa ein Vorbild für andere.“ Nach dieser Woche vielleicht nicht mehr unbedingt.
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