Familiennachzug

Bald jeder vierte Arbeitslose in Wien ein Flüchtling

AMS-Chef Johannes Kopf plädiert für eine bessere Verteilung von Flüchtlingen. Bei den Arbeitslosen zeigt sich die Schieflage im Land besonders deutlich.

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21,8 Prozent in Wien, Tendenz steigend; gegenüber 1,8 Prozent im Burgenland oder 3,2 Prozent in Kärnten. Der Anteil von Flüchtlingen an allen Arbeitslosen pro Bundesland klafft zwischen Wien und dem Rest Österreichs extrem auseinander. Gemeint sind Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, die beim Arbeitsmarktservice gemeldet sind. Selbst in Oberösterreich und der Steiermark, die mit Städten wie Linz oder Graz Flüchtlinge stärker anziehen, liegt der Anteil der Flüchtlinge an den Arbeitslosen bei nur knapp über fünf Prozent. Diese Zahlen belegen die extreme Schieflage innerhalb Österreichs bei der Verteilung der Zuwanderer.

Um Mindestsicherung zu beziehen, müssen erwerbsfähige Flüchtlinge übers AMS einen Job suchen oder einen (Deutsch)-Kurs besuchen. In Wien machen Flüchtlinge aktuell knapp 40 Prozent aller Schulungsteilnehmer aus, in Niederösterreich sind es 7,6 Prozent in Oberösterreich 9,2 Prozent.

Alle nach Wien, wie lange noch?

Nicht zuletzt wegen dieser Arbeitslosenzahlen hat AMS-Chef Johannes Kopf vergangene Woche im "profil" einen Vorstoß für eine bessere Verteilung von Flüchltingen auf ganz Österreich unternommen. Sozialhilfe oder Mindestsicherung solle es nur noch im ersten Bundesland geben, in dem Asylwerber ihren Asylstatus erhalten haben. Gehen sie - wie aktuell die meisten Flüchtlinge - danach nach Wien, weil ein Großteil der Community dort schon lebt, würden sie dort keine Sozialhilfe mehr erhalten. Die Frage der Verteilung stellt sich auch deswegen wieder verstärkt, weil eine Familiennachzugswelle aus Syrien läuft - großteils nach Wien.

In Wien hat der Landtag die Forderung nach einer österreichweiten "Residenzpflicht" unterdessen mit Stimmen von SPÖ und Neos beschlossen. Die Neos drängen seit 2016 darauf. Die Bundesregierungs-Parteien ÖVP und Grüne lehnten den Vorstoß des AMS-Chefs in einer ersten Reaktion ab. Die ÖVP spielt den Ball mittlerweile den Bundesländern zu. Sie sind für die Auszahlung der Sozialhilfe zuständig. "Wenn Wien Verbündete in den Ländern findet, gut", sagt ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Auf Bundesebene will die ÖVP so lange nicht darüber diskutieren. solange Wien an Flüchtlinge höhere Sozialhilfen zahle als andere Bundesländer. Das ist aus Sicht der Partei mit ein Grund für die ungleiche Verteilung - auch bei den Arbeitslosen. Doch Kürzungen der Mindestsicherung, etwa für subsidiär Schutzberechtigte, lehnt Sozial-Stadtrat Peter Hacker ab. Für ihn sind Erhöhungen in anderen Bundesländern überfällig.

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.