Beinschab-Studien veröffentlicht: Wenn Delfin, Maulwurf und Pfau eine Regierung bilden

Am Mittwoch veröffentlichte das Finanzministerium die Studien von Meinungsforscherin Sabine Beinschab. Ein Einblick ins Zentrum der ÖVP-Inseratenaffäre

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Am Mittwochnachmittag veröffentlichte das Finanzministerium die Studien von Meinungsforscherin Sabine Beinschab. Sie stehen im Zentrum der ÖVP-Inseratenaffäre, die schließlich auch zum Rücktritt von Sebastian Kurz führte. Sie können die gesamten Studien hier einsehen. Insgesamt wurden 22 Dokumente aus den Jahren 2016 bis 2019 veröffentlicht.

Die Wiener Meinungsforscherin Sabine Beinschab steht mit im Zentrum eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verdächtigt sie, im Auftrag und auf Rechnung des Finanzministeriums (unter der Anleitung des einstigen BMF-Generalsekretärs Thomas Schmid) wohlwollende Umfragen für Sebastian Kurz erstellt zu haben, die vorwiegend in den Medien der „Österreich“-Gruppe veröffentlicht wurden. Bezahlt wurden diese Umfragen laut Verdachtslage über Scheinrechnungen an das Finanzministerium – die Kosten sollen dabei in „Studien“ von Beinschabs Institut „Research Affairs“ aufgegangen sein. Die WKStA ermittelt neben Beinschab gegen mehrere Personen wegen des Verdachts der Bestechung/Bestechichkeit und der Untreue, unter den Beschuldigten sind auch Ex-ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der Verleger Wolfgang Fellner, Thomas Schmid sowie mehrere ehemalige Berater und Mitarbeiter von Kurz. 

Soweit sie sich bisher öffentlich geäußert haben, bestreiten die Betroffenen die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Das Finanzministerium hat nun auf öffentlichen Druck Beinschab-Studien und -Umfragen aus den Jahren 2016 bis 2019 online veröffentlicht. Laut den bisherigen Ermittlungen soll Beinschab dem Finanzministerium zwischen 2016 und 2018 jedenfalls drei verdächtige Studien „Wirtschaft- und Budgetpolitik“, „Betrugsbekämpfung“ und „Nulldefizit“ verkauft haben – im Gesamtvolumen von rund 230.000 Euro, bezahlt aus Steuergeldern. Was man dafür bekam?

Soweit vom BMF zur Verfügung gestellt, lieferte die Meinungsforscherin hauptsächlich Powerpoint-Folien. Zur „Betrugsbekämpfung“ lieferte Research Affairs 2017 zwei Studien ab, eine „quantitative“ und eine „qualitative“, insgesamt rund 50 großzügig bedruckte Seiten; welchen Wert diese Arbeiten für das Finanzministerium hatten, ist Gegenstand von Ermittlungen.

Herausragend aber ist die gleichwohl 2017 abgelieferte Arbeit „Studie Witschafts- und Budgetpolitik inklusive Erweiterungen“, wobei die „Erweiterungen“ die Besonderheit sind. Beinschab erhob im Auftrag des Finanzministeriums die Strahlkraft von Politikern und Parteien. Eigentlich ging es bei dieser Umfrage um die „Einstellung von Unternehmern und leitenden Angestellten zu Themen rund um die Bereiche Wirtschaft und Arbeit“ – so steht es zumindest in der Einleitung.

Delfin, Pfau, Wildschwein

In der praktischen Umsetzung wurden Parteien mit Automarken und Politiker mit Tieren verglichen. Die ÖVP? Ein VW Käfer. Die SPÖ? Ein Ford, ein Opel, allenfalls ein alter VW Bus. Die FPÖ? Ein getunter Golf GTI. Sebastian Kurz? Ein Delfin. Christian Kern? Ein Pfau. Reinhold Mitterlehner? Ein Schimpanse. Hans-Peter Doskozil? Ein Wildschwein. Und Heinz-Christian Strache ein bissiger Deutscher Schäferhund.

Außerdem lieferte Beinschab auch gleich eine Familienaufstellung: Die ÖVP als Großvater/Vater, die SPÖ als Großmutter/Mutter, die Grünen als Tochter, die FPÖ als „Sohn, der gerade aus der Pubertät“ beziehungsweise als „schwarzes Schaf in der Familie“ und die NEOS als „Person, die nicht immer da ist“, also zum Beispiel: als „Hausfreund“, eine „Nichte“ oder ein „Vater, der auf Dienstreise ist".

Mitarbeit: Sebastian Pumberger

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).