Noch vor einem Jahr schien die Bierpartei am Beginn ihres Aufstiegs zu stehen, Wlazny galt als Hoffnungsträger der Linken. Die SPÖ in Wien und im Bund zitterte vor einer Kandidatur des unkonventionellen Berufspunks: Bei der Bundespräsidentenwahl 2022 war Wlazny immerhin auf acht Prozent der Stimmen gekommen, in Umfragen für das Parlament und den Wiener Landtag lag er phasenweise sogar bei zehn Prozent.
Der Antritt bei der Nationalratswahl stellte sich als Anfang vom Ende des Projekts Bierpartei heraus: Wlazny, als Anti-Politiker gefeiert, schaffte den Rollenwechsel zum ernsthaften Volksvertreter nie. Anstatt konkrete Lösungsversuche zu liefern, versprach er eine völlig unpolitische Parlamentsarbeit, die sich rein auf Expertenwissen berufen und keine eigenen Entscheidungen fällen sollte. Verständnis dafür, dass ein Parteichef der Öffentlichkeit mehr Informationen schuldet als ein Künstler oder Unternehmer, brachte er kaum auf. Bei der Nationalratswahl 2024 schaffte die Bierpartei nur zwei Prozent, nur etwas mehr als in Wien im Jahr 2020.
Alle Mitgliedschaften abgelaufen
Am Papier hat sich für die Bierpartei nun wenig geändert: Im Innenministerium ist keine Information über eine freiwillige Auflösung eingelangt, nach dem Parteistatut kann das auch nur „auf Antrag des Vorstandes durch den Beschluss der Mitgliederversammlung“ geschehen. Laut Wlazny gibt es seit Anfang des Jahres keine Mitglieder mehr, die sich versammeln könnten. Es gilt offenbar das gesprochene Wort.
Wer hat also entschieden, dass es die Partei nicht mehr im klassischen Sinne geben soll, vor allem, nachdem man sie selbst nach dem Scheitern bei der Nationalratswahl als „parlamentsfit“ erachtete? Was sind die Beweggründe für die Entscheidung? Auch auf Nachfrage bleiben die Informationen vage: „Wir haben im Kollektiv entschieden, nicht in Wien zu kandidieren“, richtet eine Sprecherin aus. „Wir haben durchaus eine parlamentsfitte Partei aufgebaut, es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit aber nicht entgangen sein, dass wir nicht ins Parlament eingezogen sind.“
500.000 Euro für Intensivwahlkampf
Als Rechtspersönlichkeit soll die Bierpartei jedenfalls weiterhin bestehen, eine Liquidation wird also nicht stattfinden. Beim Aufnahmestopp der Mitglieder hilft eine Passage aus den Statuten: „Die Mitgliedschaft endet automatisch zum Ende eines jeden Kalenderjahres ohne weitere notwendige Schritte.“ Und: „Es besteht kein Rechtsanspruch auf Mitgliedschaft.“ All die Menschen, die Dominik Wlazny im Vorjahr für sein Antreten bei der Nationalratswahl angeworben hatte, wurden also aus dem Mitgliedsverzeichnis gelöscht. Sie durften sein politisches Projekt unterstützen, ideell und finanziell – bis zum 1. Jänner 2025.
Rund 10.000 Menschen traten im Vorjahr der Bierpartei bei und zahlten Mitgliedsbeiträge in der Höhe von insgesamt 500.000 Euro. Damit finanzierten sie die Hochphase des Wahlkampfes: In den drei Monaten vor der Nationalratswahl gab die Bierpartei, wie sie dem Rechnungshof in einem ersten Nachwahl-Bericht meldete, 504.806 Euro aus. Beinahe eine Punktlandung.
Nur so transparent wie nötig
Neue Projekte, die sich innovativer als die Traditionsparteien in Österreich sehen, geben gerne einen genauen Einblick in die Parteikassen, als Zeichen für einen transparenten Umgang mit Parteigeldern. Bei den Neos lässt sich zum Beispiel nachlesen, dass die Wiener Partei am 27. März 34 Euro für das Aufladen eines E-Autos ausgegeben hat. So war Dominik Wlazny nie, er entschied sich für das gesetzlich vorgeschriebene Minimum an Transparenz. Den Bericht an den Rechnungshof nach der Bundespräsidentschaftswahl schickte Wlazny – nach einer Fristverlängerung – zu spät ab, zuletzt erhielt die Bierpartei eine Geldbuße von 15.000 Euro, weil Fanartikel der Partei lange im Onlineshop der Band von Dominik Wlazny verkauft wurden.
Wie genau es um die Finanzen der Bierpartei bestellt ist, wird die Öffentlichkeit also erst mit dem nächsten Bericht an den Rechnungshof erfahren, profil wollte man auf Nachfrage keine nähere Auskunft geben. Bekannt ist, dass die Partei in das Wahljahr 2024 mit einem Minus von 21.497 Euro startete. Zu den 500.000 Euro für den Intensivwahlkampf kamen mit Sicherheit noch Kosten für die Vorbereitung hinzu. Helfen konnten dabei womöglich Spenden in noch nicht genannter Höhe sowie die Wahlkampfkostenrückerstattung, die der Bierpartei zusteht. Nur so viel teilte eine Sprecherin mit: Man werde mit diesen 310.000 Euro „offene Rechnungen“ bezahlen.
Die Wiener Landesförderung, die die Bierpartei für die Arbeit ihrer Bezirksräte bekam, durfte aber nur für die dortige Arbeit ausgegeben werden. Seit der Wahl 2020 waren es immerhin 660.000 Euro.
Auf Bezirksebene hätte man die Politik, wie sie sich Wlazny vorstellte, am ehesten weiterleben können: Dort spielen Parteien und Ideologie eine geringere Rolle. Die elf Bezirksräte, die bei der Wien-Wahl 2020 den Einzug schafften, arbeiteten dort ihre Projekte für die Grätzl ab. Einer von ihnen erzählt profil von seiner Tätigkeit: „Ich habe im Zuge der Bezirksvertretungssitzungen viele interessante Menschen kennengelernt, viel über den Bezirk gelernt, die eine oder andere Örtlichkeit entdeckt, gelernt, wie es Bewohnerinnen und Bewohner im Bezirk so geht, was sie denken, was sie beschäftigt.“ Eine lehrreiche Zeit, man habe aber in Wien gemeinsam entschieden, in der nächsten Periode nicht mehr weiterzumachen.
„Na an die Bierpartei, an wen sonst?“
Im Internet ist die Flasche noch nicht leer. An wen fließen eigentlich die Einnahmen aus dem Online-Shop, wenn es keine Mitglieder, Veranstaltungen oder andere parteipolitische Arbeit gibt? Antwort der Sprecherin: „Na an die Bierpartei, an wen sonst?“ Das Geld, sagt sie, deckt die Kosten für die Aufrechterhaltung des Shops. Und den soll es offenbar auch weiterhin geben.