Schwarz-Rot-Pinkes Regierungsprogramm

Bildung: Keine großen Reformen, aber interessante Akzente

Zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, Chancenbonus, Gemeinsame Schule – was ist von Schwarz-Rot-Pink zu erwarten?

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Das Bildungskapitel im schwarz-rot-pinken Regierungsprogramm strotzt nicht unbedingt vor großen Reformvorhaben; vieles von dem, was darin zu lesen ist, sind Fortführungen oder Wiederholungen von Vorhaben, die bereits die Koalition zwischen ÖVP und Grünen auf den Weg gebracht hat. Einiges jedoch ist – wenn nicht unbedingt revolutionär – doch neu und setzt interessante Akzente.

Beispielsweise die Einigung auf das zweite verpflichtende Kindergartenjahr – und zwar für alle Kinder und nicht nur für jene mit sprachlichen Defiziten, wie dies die gescheiterte blau-schwarze Koalition laut geleakten Protokollen vorhatte. Das sah zwar auch das türkis-grüne Regierungsprogramm „mittelfristig“ vor – Schwarz-Rot-Pink ist jedoch entschlossener, die Dreierkoalition setzt eine „raschen Einführung“ in Aussicht.

Auch ist die Rede von einem „sozialindizierten Chancenbonus“ bei dem jene Schulen, die sozial besonders herausgefordert sind, zusätzliche Mittel erhalten. Anders als beim Chancenindex findet keine Umverteilung der vorhandenen Ressourcen statt; vielmehr kriegen jene, die den Bonus brauchen, diesen zugewiesen, ohne, dass jemand anderer deswegen weniger bekommt. Der Chancenbonus soll aus zusätzlichen Mitteln finanziert werden.

Weitere Ressourcen gibt es auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Bisher waren die zusätzlichen Mittel dafür bei 2,7 Prozent gedeckelt, nun wird diese Begrenzung auf 4,5 Prozent angehoben. Das bedeutet theoretisch mehr Personal für Kinder, die mehr Unterstützung brauchen – ob dies jedoch Auswirkungen in der Praxis haben wird, ist fraglich, denn es fehlt Lehrpersonal an allen Ecken und Enden; im Übrigens genauso wie im Bereich der Elementarpädagogik, wo jetzt schon Gemeinden und private Kindergartenbetreiber händeringend nach neuen Leuten suchen, auch ganz ohne zweitem verpflichtendem Kindergartenjahr.

Die vielkritisierten Deutschförderung werden nicht abgeschafft, sondern lediglich evaluiert. Was auch diese Regierungskoalition völlig außer Acht gelassen hat, ist die Bedeutung der Erstsprachen der Kinder mit Migrationshintergrund. Expertinnen und Experten mahnen seit Langem ein, wie wichtig die Erstsprachen auch für den Erwerb der deutschen Sprache sind. Doch auch dieser Regierung berücksichtigt das nicht, auch diesmal ist davon im Regierungsprogramm kein einziges Wort zu lesen.

Ein weiterer interessanter Punkt ist jener, bei dem die „Gemeinsame Schule“ genannt wird, eine langjährige Forderung der SPÖ und der Neos, die die ÖVP jedoch seit Jahrzehnten vehement blockiert. Die Gemeinsame Schule ist nach wie vor weit davon entfernt eingeführt zu werden. Immerhin: Regionen, die das Modell der Gemeinsamen Schule der 10-14-Jährigen ausprobieren möchten, soll die Möglichkeit, dies auszuprobieren, erleichtert werden.

Nina Brnada

Nina Brnada

Redakteurin im Österreich-Ressort. Davor Falter Wochenzeitung.