„War das eine Grenzüberschreitung, Herr Ex-Minister Brandstetter?“
Von Stefan Melichar und Clemens Neuhold
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Es ist ein Match, bei dem kein Auge trocken bleibt: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) auf der einen – und Wolfgang Brandstetter, einst parteifreier Justizminister auf ÖVP-Ticket, auf der anderen Seite.
Doskozil hat ein Buch geschrieben, in dem auch Brandstetter vorkommt. Der begehrte Strafverteidiger und spätere Verfassungsrichter war nach seinem Ministerjob (2013–2017) unter anderem für den Unternehmer und Immobilien-Investor Michael Tojner tätig. Den wiederum hat das Land Burgenland Anfang 2019 angezeigt. Damals soll es laut Doskozil zu einem Treffen in einem Landgasthaus in Niederösterreich gekommen sein, bei dem Brandstetter ihm ein „eigentlich unverschämtes Angebot“ unterbreitet hätte. Sinngemäß: Tojner zahlt dem Land Burgenland vier Millionen Euro als Abgeltung für einen allfälligen Schaden in Zusammenhang mit mehreren Wohnbau-Genossenschaften. Dafür läuft das Ermittlungsverfahren dann nicht bei der allseits gefürchteten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), sondern in Eisenstadt – die WKStA ist erst ab fünf Millionen Euro zuständig. Tojner hat sämtliche Vorwürfe immer zurückgewiesen. Brandstetter wiederum bestreitet, Doskozil ein derartiges Angebot unterbreitet zu haben, und will den Landeshauptmann klagen.
Es ist jedoch beileibe nicht der einzige Grund, warum der 67-jährige Ex-Justizminister bis zuletzt immer wieder für Schlagzeilen sorgt: Brandstetter wird selbst von der Justiz verfolgt. Er kommt im gerade veröffentlichten Bericht einer Untersuchungskommission des Justizministeriums (vulgo „Kreutner-Kommission“) öfter vor, als ihm lieb sein kann. Und Brandstetter hat nun angekündigt, ebenfalls ein Buch herauszubringen – ein „Erinnerungsbuch“, obwohl er sich im Rahmen laufender Ermittlungen damit verteidigt hat, aus gesundheitlichen Gründen Erinnerungsprobleme zu haben.
Herr Brandstetter, haben Sie Landeshauptmann Doskozil nun schon geklagt?
Brandstetter
Der Auftrag ist erteilt. Die Klage muss sein.
Der Inhalt der Klage?
Brandstetter
Das, was medienrechtlich möglich ist.
Sie haben auch angedeutet, Doskozil hätte eigentlich Anzeigepflicht gehabt gegen Sie, wenn er damals eine strafbare Handlung vermutete.
Brandstetter
Ja, so steht es im Gesetz: Ein Beamter, der in seinem Zuständigkeitsbereich eine strafbare Handlung wahrnimmt, hat diese anzuzeigen.
Und wenn er es nicht macht?
Brandstetter
Ist es nicht rechtskonform. Ich bin mir nicht sicher, ob sich Doskozil der Dimension seiner Äußerung im Buch bewusst war.
Um es auf den Punkt zu bringen: Dieses – potenziell problematische – Angebot, von dem Doskozil in seinem Buch schreibt, hat es in der Form nicht gegeben?
Brandstetter
Was damals gesprochen wurde, das war im Rahmen ganz normaler Verhandlungen auf Anwaltsebene, die gut dokumentiert sind. Da gab es kein Angebot, das auch nur in irgendeiner Form problematisch oder gar strafrechtlich relevant sein könnte.
Wie war Ihr Verhältnis zu Doskozil, als er noch Ihr Ministerkollege war? Er leitete damals das Verteidigungsressort.
Brandstetter
Als wir gemeinsam in der Regierung waren, hat sich ein durchaus freundschaftliches Verhältnis entwickelt, das dann noch einige Zeit angedauert hat.
Nehmen Sie es ihm auch persönlich übel, was jetzt passiert?
Brandstetter
Persönliche Befindlichkeiten spielen für mich keine Rolle. Ich bin ein einfacher Pensionist im Ruhestand. Und jetzt bin ich gezwungen, den mächtigen Landeshauptmann zu klagen, der natürlich einen ganz anderen Apparat hinter sich hat. Das spricht für sich.
Da stellen Sie Ihr Licht jetzt aber ordentlich unter den Scheffel: Sie waren Justizminister. Verfassungsrichter. Renommierter Strafverteidiger. Und haben viele wichtige Menschen beraten oder vertreten. Das heißt, Sie haben ein großes Netzwerk und sind deswegen mächtig.
Brandstetter
Da überschätzen Sie mich wirklich. Ich bin überhaupt nicht mächtig. Vielmehr bin ich im „Visier der Macht“, wie der Titel meines Erinnerungsbuches lautet. Sie dürfen nicht vergessen, wie ich in die Politik gekommen bin. Ohne parteipolitische Absicherung oder Funktionen. Ich hatte weder davor noch danach mächtige Netzwerke. Ich bin für niemanden mehr wichtig.
Sie sind 67, Sie sind in Pension. Sie könnten Ihr Leben im idyllischen Eggenburg (Niederösterreich) genießen. Jetzt sitzen wir aber da und reden über den Clinch mit Doskozil. Und Sie werden auch selbst von der Justiz verfolgt – es gibt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Falschaussage vor dem ÖVP-Untersuchungsausschuss und des Amtsmissbrauchs. Haben Sie sich das so vorgestellt?
Brandstetter
Nein, das habe ich mir sicher nicht so vorgestellt. Zu meinem laufenden Verfahren sage ich nichts, weil laut Gesetz Vorverfahren nicht öffentlich sind, und daran halte ich mich. Ich habe alles getan, um die Dinge aufzuklären. Jetzt habe ich volles Vertrauen in die zuständigen Justizbehörden.
Das habe ich mir sicher nicht so vorgestellt.
Sind Sie der erste Ex-Justizminister, gegen den die Justiz ermittelt?
Brandstetter
Das habe ich nicht untersucht.
Wie geht es Ihnen damit?
Brandstetter
Ich könnte mir etwas Schöneres vorstellen. Aber wie es so ist in einem Rechtsstaat, muss man sich dem stellen. Und das tue ich mit offenem Visier. Die ursprünglichen Verdächtigungen haben sich ja schon weitgehend widerlegen lassen.
Ein Vorwurf gegen Sie ist der Verdacht auf Falschaussage im ÖVP-Untersuchungsausschuss 2022. Im anhängigen Strafverfahren haben Sie eingestanden, Aussagen getätigt haben, die objektiv falsch waren und das mit Erinnerungslücken aus gesundheitlichen Gründen begründet. Wir thematisieren das nur, weil Sie ein „Erinnerungsbuch“ angekündigt haben. Wie passt das zusammen?
Brandstetter
Zu nicht öffentlichen Verfahren sage ich aus den genannten Gründen nichts. Aber klare Antwort zu meinen Erinnerungen: Ich habe mir schon in meiner Zeit im Ministerium genug eigene Aufzeichnungen und Notizen gemacht, die mir ermöglichten, das Buch zu schreiben.
Erlauben Sie uns die Einschätzung, dass Sie auch ohne Notizen über ein blendendes Erinnerungsvermögen zu verfügen scheinen. Das zeigt unser intensives und detailreiches Gespräch.
Brandstetter
Das liegt daran, dass ich mich fürs Buch bereits detailliert mit diesen Fragen auseinandergesetzt habe. Und natürlich nur bestens vorbereitet in ein profil-Interview gehe.
Die Bevölkerung ist beim Thema Erinnerungen auch deshalb sensibilisiert, weil es Politiker wie den früheren ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel gab, der im U-Ausschuss 86 Mal auf seine fehlende Erinnerung verwies.
Brandstetter
Genau das wollte ich nicht. Deswegen habe ich versucht, alle Fragen zu beantworten. Damit bin ich volles Risiko gegangen, weil ja Wahrheitspflicht gilt. Im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren kann man sich nicht vorbereiten und wird wie aus dem Nichts mit Unterlagen konfrontiert.
Soll die Wahrheitspflicht in U-Ausschüssen aufgehoben werden?
Brandstetter
Das muss man differenziert sehen. Mehr dazu in meinem Buch. Die Basis für die U-Ausschüsse von heute, als Minderheitenrecht, wurde ja in meiner Amtszeit gelegt.
Bereuen Sie diese Reform?
Brandstetter
Dass ein U-Ausschuss ein Instrument der Aufklärung sein kann, war für uns unbestritten. Aber dass sich die Befragungen aus Sicht des Rechtsstaates bedenklich entwickeln, haben wir uns nicht gewünscht. Man ist ja im U-Ausschuss in Wahrheit eine Art Beschuldigter, aber schlechtergestellt als bei einem Strafverfahren. Denn wenn Sie dort mit Vorwürfen konfrontiert sind, haben Sie das Recht, den Strafakt vorab einzusehen. Das haben Sie im U-Ausschuss nicht. Sie werden in einer enormen Stresssituation direkt mit diesem und jenem konfrontiert, das Sie vorab nicht prüfen konnten.
Eine Kommission unter der Leitung von Martin Kreutner hat vor Kurzem einen 230-seitigen Bericht mit teils vernichtenden Kritikpunkten an der Justiz vorgelegt, was den Umgang mit politiknahen Ermittlungsverfahren („clamorosen Fällen“) anbelangt. Sie hatten als Minister vier Jahre Zeit, um das zu reparieren. Warum ist das nicht geschehen?
Brandstetter
Ich hatte damals mit massiven Budgetproblemen zu kämpfen. Und von Verfassungsmehrheiten, die für einen größeren Umbau notwendig gewesen wären, waren wir weit entfernt. Die nun vielfach geforderte Generalstaatsanwaltschaft anstatt einer politischen Weisungsspitze durch die jeweiligen Minister war damals völlig außer Reichweite. Einen Punkt im Kreutner-Bericht kann ich besonders gut nachempfinden: die Kritik an den zu langen Verfahren. Dagegen habe ich schon als Minister versucht, alles zu tun.
Der Bericht liest sich so, als hätten sich da Strukturen in der Justiz entwickelt, die politische oder andere Einflussnahmen zumindest ermöglichen konnten. Zentral geht es um den mächtigen Sektionschef Christian Pilnacek. Gab es ein „System Pilnacek“?
Brandstetter
Mich stört der Begriff „System Pilnacek“. Er erweckt den Eindruck, es habe in der Justiz ein System im System gegeben. Es gab große Spannungen zwischen WKStA und der Fachaufsicht unter Christian Pilnacek. Die habe ich versucht zu lösen. Aber seine Abteilung hat funktioniert. Die Aussage, die von ihm überliefert ist, er habe politischen Einflüssen nie nachgegeben, die glaube ich ihm.
Auch Sie werden im Kreutner-Bericht kritisch erwähnt. Und Chat-nachrichten zeigen, dass Sie nach Ihrem Ausscheiden als Minister Kontakt zu Pilnacek hatten. Thema war auch das eine oder andere laufende Verfahren, bei dem Sie als Strafverteidiger oder Berater tätig waren. Eine Grenzüberschreitung?
Brandstetter
Ich habe Pilnacek fachlich sehr geschätzt und war mit ihm befreundet. Dazu stehe ich. Wenn ich mit ihm in Kontakt getreten bin, dann, um mich über eine grundrechtswidrige, überlange Verfahrensdauer zu beschweren. Und dazu stehe ich. Ich und auch Pilnacek hätten nie und nimmer etwas getan, was nicht rechtskonform ist.
Es kann auch Grenzüberschreitungen geben, die gerade noch rechtskonform sind. Es gibt eine Chatnachricht Ihrerseits – nach Ihrer Zeit als Minister – an Pilnacek, in der Sie in Bezug auf einen Beschuldigten in einem prominenten Ermittlungsverfahren geschrieben haben: „Ich werde versuchen, ihn zu beruhigen, aber ich verstehe seinen Frust nach einem so langen Verfahren schon. Vielleicht kann man doch was beschleunigen?“ Pilnacek antwortete: „Entsprechend unfreundlicher Berichtsauftrag ist schon draußen!“
Brandstetter
Ja. Das war einer dieser unglaublichen Fälle. Das Verfahren hat damals 14 Jahre gedauert und später mit Einstellung geendet. Da gab es auch bereits eine schriftliche Fachaufsichtsbeschwerde. Ich habe Pilnacek auf diesen Missstand aufmerksam gemacht.
Aber warum reichte die offizielle Beschwerde nicht? Warum ist es notwendig, dass Sie als langjähriger, sehr guter Bekannter beim obersten Beamten in der Weisungskette aktiv werden?
Brandstetter
Wenn man eine Aufsichtsbeschwerde macht, ist es sinnvoll, dem obersten Chef der Fachaufsicht zu sagen: Lieber Freund, ihr habt da ein Riesenproblem, bitte schau dir das auch selber an. Weil Sie wissen ja nie, was aus den schriftlichen Eingaben dann wird. Ich würde das heute als Strafverteidiger für einen Klienten wieder machen, wenn jemand so lange verfolgt wird, ohne Ergebnis, und beruflich dadurch enorm leidet.
Die Frage ist doch die des Stils, wie man sich an die Behördenspitze wendet. En passant per WhatsApp. Diese Möglichkeit haben einfache Bürger nicht. Und das nährt den Verdacht der Zwei-Klassen-Justiz. Im Kreutner-Bericht ist erwähnt, dass die Türen zu den oberen Bereichen der Weisungskette halt nur wenigen offen gestanden sind. Sie waren offenbar einer davon.
Brandstetter
Nur Mauscheln im Hintergrund, das geht nicht. Wichtig ist auch der formelle Weg. Aber wenn man die Möglichkeit hat, Zugänge zu nützen, um etwas abzustellen, das rechtswidrig ist, dann stehe ich voll dazu. Sie werden außer diesem Fall wahrscheinlich eh keinen weiteren finden.
Nur Mauscheln im Hintergrund, das geht nicht.
Wir haben ein weiteres Beispiel: Zu Beginn der Causa Tojner gegen das Land Burgenland im Zusammenhang mit gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften haben Sie bei Pilnacek per WhatsApp deponiert, dass die Anzeige gegen Michael Tojner durch das Land Burgenland „höchst fragwürdig“, ein „Missbrauch strafrechtlicher Mittel zu Zwecken politischer Profilierung“ sei. Tojner haben Sie damals beraten gegen Honorar. Über die Anzeige wurde medial berichtet. Deswegen haben Sie Pilnacek auch erklärt, dass sich diejenigen, welche mit der Anzeige in die Medien gegangen sind, schadenersatzpflichtig machen würden. Sie geben da quasi auf diesem sehr informellen Weg einer WhatsApp-Nachricht dem obersten Beamten in der Weisungskette einen ganzen Schwung an Argumenten mit zugunsten von jemandem, für den Sie arbeiten. Das ist beileibe nicht der formelle Weg. Und ob sich jemand schadenersatzpflichtig gemacht hat wegen der Veröffentlichung, ist bis heute nicht geklärt. Das OLG Wien hat eine entsprechende Tojner-Klage kürzlich in zweiter Instanz abgewiesen. Nun ist der Oberste Gerichtshof am Zug – profil berichtet hier ausführlich.
Brandstetter
Die erste Instanz hat das noch gegenteilig gesehen. Zu dem Chat: Den formellen Weg haben wir ja auch eingeschlagen. Ich habe sicherlich Pilnacek darauf angesprochen, dass die Auslegung des Untreue-Tatbestands durch das Land Burgenland und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Bezug auf Tojner völlig absurd war. Wir haben das aber gleichzeitig auch beim Obersten Gerichtshof bekämpft – und zwar erfolgreich.
Wesentliche Stoßrichtung des Ermittlungsverfahrens gegen Tojner war aber schon der Betrugsverdacht – und der ist bis heute offen.
Brandstetter
Der Untreueverdacht wurde jedenfalls widerlegt. Das Betrugsverfahren habe ich nicht weiterverfolgt.
Sie sind seit Ende 2017 nicht mehr Minister. Wo sehen Sie denn heute Reformbedarf?
Brandstetter
Im Bereich der Ermittlungsverfahren ist wichtig, dass die richterliche Kontrolle der Staatsanwaltschaften funktioniert – damit solche schweren Fehler wie etwa die Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung durch die WKStA nicht passieren. (Anm.: Die Razzia im BVT im Februar 2018 wurde im Nachhinein für rechtswidrig erklärt.) Und daher ist es auch völlig richtig, dass man bei der jetzigen Gesetzesreparatur in Sachen Handy-Sicherstellung Wert auf eine frühzeitige Kontrolle durch unabhängige Haft- und Rechtsschutzrichter legt. Grundsätzlich haben wir hier ein echtes Rechtsschutzdefizit.
Sie haben immer wieder den Umgang der Justiz mit Handy-Chat-Auswertungen in Ermittlungsakten kritisiert. Ihre Grundaussage war sinngemäß: Das sind private Dinge, die sollten nicht Eingang finden in Ermittlungsakten.
Brandstetter
Das Grundrechtsdefizit ist dadurch entstanden, dass wir Dinge in Strafakten finden, die dort nichts verloren haben. Hinein darf nur, was strafrechtlich relevant ist. Wenn das nicht der Fall ist, gehört es nicht dorthin oder muss nach einer Prüfung auch wieder raus. Durch Chat-Auswertungen für U-Ausschüsse ist das Einfallstor für Grundrechtsverletzungen noch größer geworden.
Ihre oben zitierten Chats mit Christian Pilnacek wurden für den U-Ausschuss ausgewertet. Sollten wir sie gar nicht haben?
Brandstetter
Ich kann zu meinen Chats stehen. Für mich geht es aber immer um die strafrechtliche Relevanz.
Brechen wir es auf ein Beispiel herunter: Der damalige Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid chattet mit dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz, wie er seinen angestrebten Vorstands-Job bei der Staatsholding ÖBAG anlegen möchte, den er offiziell noch gar nicht hat. Würden Sie das als private Kommunikation sehen?
Brandstetter
Zum Einzelfall kann ich nichts sagen. Wenn Chats eine strafrechtliche Relevanz haben, gehören Sie in den Akt. Da habe ich kein Problem damit. Es gab aber auch schon Fälle, wo die Staatsanwaltschaft gesagt hat, das hat keine Relevanz. Und das war dann trotzdem drin.
Sehen Sie die zitierten Grundrechte durch Chats großflächig verletzt? Wir hatten bei Durchsicht Tausender Chats in den vergangenen Jahren eigentlich nicht den Eindruck.
Brandstetter
Ich kann das nicht quantifizieren. Natürlich hat sich das Problem dadurch verschärft, dass das Handy mehr ist als ein Telefon. Man hat ein unglaubliches Spektrum an Kontakten, Beziehungen und Vorlieben am Handy gespeichert. Dagegen war die Vorratsdatenspeicherung ein Klacks, weil sie nur Kontakten und nicht Inhalten nachging. Und die wurde 2014 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.
Sie sind „Of Counsel“, also erfahrener Berater dieser Kanzlei, in der wir das Interview führen. Sie wirken gar nicht arbeitsmüde. Wann gehen Sie wirklich in Pension?
Brandstetter
Meine freiberufliche Tätigkeit hier ist im Auslaufen. Ich stelle jetzt mein Buch fertig. Und bin definitiv in Pension. In unserem Interview wirkte ich vielleicht aktiver, als ich es noch bin, weil ich gut vorbereitet und gesprächiger war als sonst. Aber das war mir wichtig. Weil ich nichts zu verbergen habe.
Stefan Melichar
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).
Clemens Neuhold
Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.