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Brief mit Termin für Ungeimpfte war ein Flop

Über eine Million Ungeimpfte bekamen Ende 2021 per Post einen konkreten Impftermin zugeschickt. Das Ergebnis: ernüchternd.

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Wer unbedingt ungeimpft bleiben will, muss sich sehr bemühen, nicht versehentlich in eine Spritze zu laufen: Impfstraßen, Impfbusse, Impfboxen und sogar Impfboote bieten oder baten die Corona-Vakzinierung ohne Voranmeldung an.

Ende 2021 dann ein Appell der besonderen Art: "Ihr persönlicher Termin für die Corona-Schutzimpfung ist da!", hieß es in einem Brief, der an mehr als eine Million über 18-Jährige verschickt wurde, die bis Ende November noch ungeimpft waren.

Die Idee für das Schreiben schaute sich das Gesundheitsministerium von den europäischen Impfrekordländern Portugal und Spanien ab, die mit personalisierten Terminen gute Erfahrungen gemacht hatten. Doch in Österreich vergingen viele Monate an Diskussionen, bevor die Briefe tatsächlich verschickt wurden. Wien, Vorarlberg und Tirol preschten vor, denn sie hielten die persönlichen Nachrichten datenschutzrechtlich für zulässig. Die restlichen Bundesländer warteten lieber, bis der Nationalrat eine gesetzliche Grundlage für die Briefe geschaffen hatte. Für diese Länder verschickten der Dachverband der Sozialversicherungsträger und das Gesundheitsministerium den Brief im Dezember 2021.

Eineinhalb Monate später ist klar: Die meisten ignorierten die persönliche Einladung. Das legen Daten nahe, die das Land Vorarlberg auf profil-Anfrage übermittelte. 66.794 Vorarlberger über 18 Jahren bekamen vom Land einen Impfbrief. Das Resultat: "Rund 400 Personen sind an den für die Ungeimpften freigehaltenen Terminen in den beiden Impfstraßen in Nenzing und Bregenz für ihre erste Impfung erschienen." 400 von 66.794 - das entspricht einer Rücklaufquote von 0,6 Prozent.

99,4% ignorierten den Impfbrief

66.794 Ungeimpfte erhielten vom Land Vorarlberg per Post einen Impftermin. An den vier reservierten Tagen im Dezember 2021 kamen bloß 400 Menschen. Das entspricht einer Rücklaufquote von 0,6 Prozent.

Die Vorarlberger Landespressestelle relativiert die Zahlen allerdings ein wenig: "Wir können nicht sagen, wie viele davon aufgrund des Schreibens gekommen sind und wie viele sich unabhängig davon zu einer Impfung entschlossen haben bzw. ihren Termin zu einem anderen Zeitpunkt wahrgenommen haben." Es ist denkbar, dass der Brief einige der Adressaten zur Impfung motiviert hat, die an den vier reservierten Tagen schlicht keine Zeit hatten. Fest steht jedenfalls: Den letzten großen Run auf die Impfstraßen verzeichnete das Ländle rund um die Einführung der 2G-Zutrittsregel (geimpft und genesen) Anfang November.

Ernüchternd fällt auch die Wiener Bilanz zum Impfbrief aus. Die Stadt reservierte zwischen 9. und 16. Dezember Termine für 304.000 Ungeimpfte. Im Impfdashboard zeigt sich an diesen Tagen allerdings kein Anstieg an Erstimpfungen. Die Interpretation aus dem Büro von SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker: "Wir konnten den Rückgang an Erstimpfungen für ein paar Tage stoppen." Dass die Ungeimpften das Schreiben weitestgehend ignorierten, erklären sich die Wiener so: "Die Fronten waren zu dem Zeitpunkt schon sehr verhärtet. Der Brief wurde uns monatelang vom Bund versprochen. Hätten wir den Brief früher ausgeschickt, hätten wir mehr Effekte erreichen können."

Tatsächlich ist die Gruppe der Zögerlichen, die noch für eine Impfung empfänglich sind, verschwindend gering, wie Erhebungen des Austrian Corona Panels der Uni Wien zeigen. Unter den über 18-Jährigen geben 83 Prozent an, geimpft zu sein. 12 Prozent lehnen eine Impfung kategorisch ab. Lediglich fünf Prozent schwanken noch. Dass die Briefe ihre Wirkung verfehlt haben, zeigt auch das Land Tirol. Dort wurden in den neun Tagen zwischen 14. und 22. Dezember, an denen Termine für Ungeimpfte vergeben wurden, insgesamt etwa 5500 Erstimpfungen verzeichnet. Zieht man die neun Tage vor den persönlichen Impfterminen als Vergleichszeitraum heran, zeigt sich, dass die Zahlen der Erstimpfungen nach dem Briefversand nicht gestiegen, sondern ganz leicht gesunken sind.

Das Gesundheitsministerium versucht in den Daten dennoch etwas Positives zu finden - und hält auf profil-Anfrage schriftlich fest: In den Dezemberwochen, an denen Termine für Ungeimpfte vergeben wurden, sei der Anteil der Erstgeimpften in der Gesamtbevölkerung um einen Prozentpunkt gestiegen, von 73 Prozent auf 74 Prozent.

 

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.