BVT-Affäre: Wie ein profil-Artikel die Regierung aufscheuchte
Montag dieser Woche hatte der Generalsekretär des Innenministeriums (BMI), Peter Goldgruber, Grund zur Freude. Aus den Händen von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) erhielt er sein offizielles Ernennungsdekret zum ranghöchsten Beamten im BMI. Montag dieser Woche hatte Peter Goldgruber aber auch allen Grund zum Ärger: aufgrund eines Artikels in der aktuellen Ausgabe des profil. Das Magazin zitiert darin aus einem Aktenvermerk von Oberstaatsanwältin Ursula Schmudermayer von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Schmudermayer hatte am 28. Februar Hausdurchsuchungen im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) und in Privatwohnungen von BVT-Beamten durchführen lassen – und so die Affäre ins Rollen gebracht. Anlass für Schmudermayers Vorgehen war ein Gespräch mit Peter Goldgruber am 19. Jänner, in welchem der Generalsekretär der Staatsanwältin ein Konvolut nebuloser Vorwürfe gegen ein angeblich kriminelles ÖVP-Netzwerk im Innenministerium und im BVT übergeben. In dem Aktenvermerk (AV), den Schmudermayer über ihr Gespräch mit Goldgruber am 19. Jänner anlegte, hielt die Staatsanwältin fest: „Goldgruber: Er habe vom Minister den Auftrag, das BMI aufzuräumen. Er ist der Meinung, das BMI ist derzeit so korrupt wie noch nie, und die Hauptprotagonisten der kriminellen Organisation im BMI hätten es verstanden, die internen Strukturen so zu gestalten, dass sich die Macht in den Händen einiger weniger konzentriere.“
"Ersuchen an den Rechnungshof, das BMI zu prüfen"
Laut AV habe Goldgruber „auch gesehen, dass noch bei der Amtsübergabe an das neue Kabinett metallkistenweise geschreddertes Papier abtransportiert wurde“. So geschockt war Goldgruber offenbar von den Zuständen in seinem Ressort, dass er laut Schmudermayers AV sogar externe Prüfer einschalten will: "Außerdem wolle er ein Ersuchen an den Rechnungshof stellen, das BMI zu prüfen.“ Zum Abschluss des eineinhalbstündigen Gesprächs, bei dem auch Schmudermayers Vorgesetzter Wolfgang Handler anwesend war, vereinbarten die Staatsanwälte und Goldgruber, in Kontakt zu bleiben, allerdings wird laut AV „übereingekommen, dass die Kommunikation nur per Telefon (Festnetz) erfolgt, nicht per E-Mail, und allfällige Schriftstücke übergeben werden“. Anscheinend befürchteten beide Seiten Lecks.
Unangenehm könnte der brisante AV der Staatsanwältin für Innenminister Herbert Kickl spätestens bei dessen Aussage vor dem U-Ausschuss werden. Denn Goldgrubers angebliche Angaben vor der WKStA, er sei mit dem „Aufräumen“ im BMI „beauftragt“ worden, stehen in Widerspruch zu Aussagen von Kickl, der bisher jede Involvierung in die Affäre geleugnet hatte. Zuletzt bei der Beantwortung einer Anfrage der Oppositionsparteien im Nationalrat am 11. Juni wies der Innenminister Vorwürfe zurück, an den Aktionen gegen das BVT aktiv beteiligt zu sein. Nach Veröffentlichung des profil-Berichts forderte die Opposition erneut den Rücktritt des Innministers. Begründung: Dieser habe „offensichtlich die Öffentlichkeit von Beginn an vorsätzlich falsch informiert“.
Kickl: "Aufklärerische und gesetzeskonforme Rolle"
Im ORF-Report vom Dienstag nahm Kickl erstmals zu den Vorwürfen Stellung. Er habe, so der Innenminister, keinen Auftrag für eine „Aufräumaktion“ erteilt, sondern eine „aufklärerische und gesetzeskonforme Rolle“ gespielt. Er habe das Konvolut bereits als FPÖ-Generalsekretär gekannt. Aus diesem Grund habe er Goldgruber mit der Überprüfung der Vorwürfe beauftragt.
Peter Goldgruber teilte per Aussendung mit, „es entspreche nicht den Tatsachen, dass er gegenüber der Staatsanwaltschaft behauptet habe, er habe von Innenminister Kickl den Auftrag, ,im BMI aufzuräumen‘“. Folgt man Goldgrubers Argumentation, muss ihn Staatsanwältin Schmudermayer in dem Gespräch am 19. Jänner falsch verstanden haben. Originalzitat Goldgrubers: „Bei Aktenvermerken handelt es sich nicht um Sitzungsprotokolle, die sämtliche Teilnehmer auf ihre Korrektheit überprüfen können, sondern um einseitige Wahrnehmungen, die nicht zwingend Gesprächsinhalt und Wortwahl korrekt und frei von eigenen Interpretationen wiedergeben.“ Dass eine Elite-Staatsanwältin und der oberste Beamte des BMI in einer derart brisanten Causa einander so missverstehen, stärkt freilich nicht gerade das Vertrauen in Justiz und Sicherheitsapparat.
Auch Bundeskanzler Kurz wurde nach dem Ministerrat am Mittwoch auf den profil-Bericht angesprochen. Dass das Innenministerium unter den ÖVP-Ministern der vergangenen Jahre „korrupt wie noch nie gewesen sei“, wie Goldgruber laut dem AV behauptete, wies Kurz zurück. Das Ressort sei von den Ministern Wolfgang Sobotka, Johanna Mikl-Leitner und den anderen Ministern „sehr gut geführt“ worden.