Causa Ischgl: profil stellt neun Fragen ans Land Tirol

Das Nachrichtenmagazin profil, berichtet in der aktuellen Ausgabe darüber, dass das Land Tirol in Ischgl Kontaktpersonen von infizierten Isländern nicht nachverfolgt und isoliert hat – obwohl das vorgeschrieben war. Das Land reagierte auf den Artikel mit einer „Attacke“ (Austria Presse Agentur) gegen profil. Nun richtet das Magazin eine öffentliche Anfrage an die Tiroler Behörden, um die Recherchen nachvollziehbar zu machen.

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+++Update Montag 25.5.: Das Land Tirol hat auf die von profil gestellten Fragen geantwortet - die Antworten wurden nun untenstehend ergänzt. Im Wesentlichen bestätigt man nun die profil-Recherchen über Mängel beim "contact tracing" infizierter Ischgl-Urlauber aus Island: Weil "für eine gemäß den gesetzlichen Vorgaben detaillierte Kategorisierungs-Zuweisung erforderliche Informationen zuerst gar nicht und später unzureichend" vorgelegen seien, war es "den Tiroler Behörden nicht möglich, etwaige Kontaktpersonen auszuforschen."+++

Sehr geehrte Damen und Herren der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Landes Tirol,

das Nachrichtenmagazin profil ist für gründliche Recherchen und faktengetreue Berichterstattung bekannt, auch in der Causa Ischgl. Um unsere Recherchen und die wiederholte Nicht-Beantwortung zentraler Fragen nachvollziehbar zu machen, richten wir unsere offen gebliebenen Fragen zum Krisenmanagement in Ischgl ab dem 5. März in dieser öffentlichen Anfrage an Sie. Es ist korrekt, dass das Gesundheitsministerium am 5. März um 16 Uhr den Erlass zum Kontaktpersonen-Management ergänzte. Ungeachtet dessen war die Ermittlung und Isolierung von Kontaktpersonen der Isländer vom Ministerium auch nach dem 5. März zwingend vorgeschrieben – und zwar auch von solchen Kontaktpersonen, die keine Symptome zeigen. Alle Antworten, die Sie uns zu diesem Thema bislang übermittelt haben, lassen den Schluss zu, dass Sie Kontaktpersonen der infektiösen Isländer nicht wie vorgeschrieben nachverfolgt haben. Um diesen Sachverhalt weiter aufzuklären, dürfen wir Sie um Beantwortung folgender Fragen bitten:

1. Sie wurden am Nachmittag des 5. März in einer Warnung aus Island per Mail darauf aufmerksam gemacht, dass 14 aus Ischgl heimgekehrte Isländer positiv auf Corona getestet wurden – mehrere dieser Isländer waren laut dem Mail bereits infektiös, als sie sich noch in Ischgl aufgehalten haben. Ein Erlass des Gesundheitsministeriums sieht für diesen Fall zwingend die Nachverfolgung und 14-tägige Isolierung von engen Kontaktpersonen vor – und zwar auch solcher Kontakte, die keine Symptome zeigen. Enge Kontaktpersonen sind laut Erlass-Update vom 5. März beispielsweise auch alle Menschen, die den Infizierten bloß die Hand schüttelten – oder sich 15 Minuten und in einem Abstand von weniger als zwei Meter zu ihnen aufhielten. Daher stellen wir nochmals die – bis heute unbeantwortete – Frage: Wie viele Kontaktpersonen der infektiösen Isländer wurden nach der Warnung aus Island wann ermittelt und wann isoliert? Dass eine Mitarbeiterin mit Symptomen isoliert wurde, wissen wir bereits. Wie viele Kontaktpersonen ohne Symptome wurden zusätzlich isoliert?

Die Gesundheitsbehörden in Tirol haben die Maßnahmen und gesetzten Schritte mit den zuständigen Bundesstäben und dem Gesundheitsministerium als Oberbehörde abgestimmt, diese informiert und die Erlässe und Vorgaben des Gesundheitsministeriums stets eingehalten bzw. im Fall von Ischgl sogar übererfüllt. In allen Fällen, wo positiv getestete Personen vor Ort waren, wurde seitens der Behörden und der Polizei ein umfassendes Contact-Tracing durchgeführt. Enge Kontaktpersonen wurden stets umgehend abgesondert und isoliert, um mögliche Infektionsketten schnellstmöglich zu unterbinden. So geschehen ist dies etwa auch bei der ersten positiven Testung des Barkeepers im Kitzloch, dessen MitarbeiterInnen als enge Kontaktpersonen kurze Zeit nach Bekanntwerden der positiven Testung isoliert und abgestrichen wurden. Die Warnung aus Island ging bei den zuständigen Bundesstellen ein. Die Tiroler Gesundheitsbehörden wurden vom Gesundheitsministerium darüber am 5. März in Kenntnis gesetzt. Diese erste Information aus Island enthielt weder konkrete Hotelnamen, noch Namen von möglicherweise Infizierten, noch weitere notwendige Details. Unverzüglich am 5. März um 08:01 Uhr Früh haben die Tiroler Gesundheitsbehörden das zuständige Gesundheitsministerium schriftlich ersucht, die für die weiteren Erhebungen unerlässlichen Daten über die isländischen Behörden zu erheben. Insbesondere wann und wie lange die Erkrankten in Ischgl waren, wo sie sich in Ischgl aufgehalten haben, mit wem sie Kontakt hatten, welche Hotels involviert waren, was die Erkrankten in Ischgl konkret gemacht haben, etc. Nur der Vollständigkeit halber darf an dieser Stelle angemerkt werden, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine einzige positive Testung von in Ischgl befindlichen Personen bei den Tiroler Behörden vorlag. Den Tiroler Gesundheitsbehörden standen keine und dann nur unzureichende Informationen zur Verfügung, die für die weiteren Erhebungen aber unerlässlich gewesen wären. Eine Befragung der erkrankten IsländerInnen vor Ort war naturgemäß nicht mehr möglich, da die betroffenen Personen bereits das Wochenende zuvor beim Urlauberschichtwechsel wieder in ihre Heimat Island gereist waren und zum damaligen Zeitpunkt bereits seit mindestens vier Tagen nicht mehr in Ischgl und Tirol waren. Demnach waren die Tiroler Gesundheitsbehörden davon abhängig, welche Informationen über das Gesundheitsministerium von den isländischen Behörden eingeholt werden konnten. Als bis zum frühen Nachmittag immer noch keine näheren Details zu den Aufenthaltsorten oder konkreten Namen von Personen durch die isländischen Behörden übermittelt wurden, um gemäß den Vorgaben des Gesundheitsministeriums mit den entsprechenden Kontaktermittlungen fortfahren zu können, gab es über den Erlass des Gesundheitsministeriums hinaus weitere konkreten Anordnungen der Bezirkshauptmannschaft Landeck. So ordnete die BH Landeck nach einer offiziellen Bestätigung durch das Außenministerium von vorerst acht positiven isländischen Fällen, die in Island nach ihrer Rückkehr positiv getestet wurden, unmittelbar wenige Minuten später an, alle Gästedaten von isländischen Staatsangehörigen von Mitte Februar bis 5. März durch die Polizei zu erheben. Erst im Laufe des späteren Nachmittags konnte das Gesundheitsministerium dann die Namen der Hotels und erste Symptomzuordnungen über die isländischen Behörden ausfindig machen. Auch zu diesem Zeitpunkt waren die benötigten konkreten Namen von erkrankten IsländerInnen weiterhin nicht bekannt. Auch nach Erhalt der fünf konkreten Hotels ordnete die BH Landeck wiederum umgehend an, die Gästedaten dieser Hotels über die Polizei einzuholen und zu erfassen. Zudem gingen auch zwei Mails von betroffenen isländischen Gästen ein, die mitgeteilt haben, dass sie sich vermutlich im Flugzeug beim Heimflug am Wochenende zuvor angesteckt hätten, da die Fluglinie ihnen mitgeteilt hatte, dass sich eine am Coronavirus infizierte Person im Flugzeug befunden hatte. Unabhängig davon führten die Tiroler Gesundheitsbehörden ihre Erhebungen in Ischgl fort. Die von den Tiroler Behörden erhobenen Namen der isländischen Gästedaten wurden umgehend mit den Patientendaten des ortsansässigen Arztes verglichen und überprüft, ob etwaige Coronasymptome oder grippeähnliche Symptome bei einer Behandlung durch den Arzt in den Tagen und Wochen zuvor vorlagen. Von den 90 isländischen Personen waren lediglich zwei in ärztlicher Behandlung. Beide Personen hatten keine Behandlung aufgrund von grippeähnlichen Symptomen oder Coronavirusymptomen (eine Personen hatte einen Unfall, eine weitere Person hatte Schwindelgefühle). Dennoch wurden beide Personen zur Sicherheit nochmals kontaktiert, beide Personen wiesen zu diesem Zeitpunkt keine Symptome auf. Als am 6. März am Vormittag nach wie vor keine weiteren dringend benötigen und unerlässlichen Informationen der isländischen Behörden über das Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt werden konnten, ließ die Gesundheitsbehörde im Zuge der Kontaktpersonenermittlung bei den betroffenen Hotels den Gesundheitszustand der MitarbeiterInnen von der Polizei erheben. Erst nach Mittag langten Namen von betroffenen isländischen Personen über die Polizei ein, denen man in den Ermittlungen umgehend nachging. Im Laufe des späten Nachmittags lagen die Ergebnisse der Ermittlungen der Gesundheitsbehörden vor: Bei einer Reinigungskraft eines Hotels gab es Hinweise auf grippeähnliche Symptome. Diese Mitarbeiterin wurde sofort unter Quarantäne gestellt und auf das Coronavirus getestet. Ihr Ergebnis war negativ, sie war also nicht an Corona erkrankt. Bei allen anderen MitarbeiterInnen dieser Hotels gab es keine Hinweise auf eine Coronaerkrankung oder sonstige infektiöse Erkrankungen. Zusammenfassend kann an dieser Stelle nochmals festgehalten werden, dass die Tiroler Gesundheitsbehörden jeglichen Vorgaben des Gesundheitsministeriums entsprochen bzw. diese sogar übererfüllt haben. Wie oben im Detail ausgeführte Schilderungen zeigen, waren die Behörden bei der Kontaktpersonenermittlung unmittelbar von Informationen der isländischen Behörden abhängig, die von den Tiroler Behörden über das Gesundheitsministerium im Detail angefordert wurden. Diese für eine gemäß den gesetzlichen Vorgaben detaillierte Kategorisierungs-Zuweisung erforderlichen Informationen lagen aber zuerst gar nicht und später unzureichend vor. Trotz der zahlreichen erwähnten Abklärungen und gesetzten Schritte war es aus diesem Grund den Tiroler Behörden nicht möglich, etwaige Kontaktpersonen auszuforschen, zumal die IsländerInnen zu diesem Zeitpunkt schon seit mindestens vier Tagen nicht mehr in Ischgl/Tirol waren. Aus diesem Grund haben die Tiroler Behörden über die Vorgaben des Gesundheitsministeriums hinaus sehr rasch alle erdenklich möglichen Erhebungen vor Ort mit Hilfe der Tiroler Polizei durchgeführt, um aktiv nach möglichen infektiösen Personen zu suchen und so eine mögliche Weiterverbreitung der Infektketten zu diesem Zeitpunkt bestmöglich zu unterbinden. Nichtsdestotrotz hat die Tiroler Landesregierung beschlossen, alle Vorgänge und Schritte auf den Prüfstand zu stellen und zu evaluieren. Nach dem Vorbild der sogenannten „Griss-Kommission“ hat die Tiroler Landesregierung in einer außerordentlichen Sitzung unabhängige Expertinnen und Experten unter dem Vorsitz des ehemaligen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes, Ronald Rohrer, mit der Erstellung eines ExpertInnenberichts zum Coronavirus-Krisenmanagement in Tirol beauftragt. Nach einem Gespräch mit den Klubobleuten der im Landtag vertretenen Parteien, bei dem der Vorsitzende breite Zustimmung fand, setzte die Tiroler Landesregierung Ronald Rohrer als Vorsitzenden der ExpertInnenkommission ein, um das Krisenmanagement umfassend, transparent und unabhängig zu evaluieren. Als Verfahrensrichter hat Rohrer in der Vergangenheit bereits für den Eurofighter-Untersuchungsausschuss verantwortlich gezeichnet. Die Beauftragung des ExpertInnenberichts erfolgte durch die Tiroler Landesregierung im Einvernehmen mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober, da neben der mittelbaren Bundesverwaltung auch die dahinterstehenden organisatorischen Belange im Amt der Tiroler Landesregierung relevant sein können. Die Tiroler Landesregierung garantiert den Expertinnen und Experten im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten breitestmöglichen Zugang zu sämtlichen relevanten Unterlagen. Ihre Tätigkeit wird von den Mitgliedern der Landesregierung, vom Amt der Tiroler Landesregierung und der Landeseinsatzleitung sowie von den Bezirkshauptmannschaften und den Bezirkseinsatzleitungen bestmöglich unterstützt. Dies gilt auch für die Tourismusverbände, soweit diese in Maßnahmen des Krisenmanagements einbezogen waren. Die Ergebnisse der Arbeit der Expertinnen und Experten sollen in einem Bericht zusammengefasst werden, der dem Tiroler Landtag vorzulegen ist und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden wird. Der Bericht soll gleichzeitig als Grundlage für die Evaluierung der Abläufe und der gesetzten Maßnahmen durch das Krisenmanagement des Landes dienen.

2. Wir möchten Sie auf Paragraph 5, Absatz 1 des Epidemiegesetzes hinweisen: Dort heißt es: „Über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit haben die zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten.“ Warum haben Sie sich bei Ihren vorgeschriebenen Erhebungen der Infektionsquelle darauf beschränkt, in den Hotels nachzufragen, ob es Mitarbeiter gibt, die Symptome zeigen? Warum war für Sie zu diesem Zeitpunkt auszuschließen, dass Urlauber aus anderen Herkunftsländern ebenfalls infiziert sein könnten?

Die Tiroler Gesundheitsbehörden sind dem Epidemiegesetz vollinhaltlich nachgekommen und haben wie in der Beantwortung der Frage 1 ersichtlich darüber hinaus sogar in Fällen, wo kein konkreter Verdacht oder eine Anzeige bestand, Erhebungen und Untersuchungen durchgeführt. In diesem Zusammenhang weisen wir auf die Anordnung der Tiroler Gesundheitsbehörden für Ischgl vom 6. März hin, dass ausnahmslos alle Personen, die sich mit grippeähnlichen Symptomen beim ortsansässigen Arzt melden, verpflichtend auf eine Coronaerkrankung getestet werden sollen. Und dies ganz unabhängig von den damaligen internationalen Vorgaben und Vorgaben des Gesundheitsministeriums, dass für eine Testung ein Aufenthalt in den 14 Tagen zuvor in einem Corona-Risikogebiet vorliegen muss oder Kontakt zu am Coronavirus erkrankten Person vorliegen muss. Und dies ganz unabhängig davon, ob es heimische Gäste, isländische Gäste oder Gäste aus sonstigen Herkunftsländern betroffen hat. Nur durch diese Vorgehensweise der Tiroler Gesundheitsbehörden, die über die Vorgaben der internationalen und österreichischen Standards hinaus zur Sicherheit alle Personen in Ischgl mit grippeähnlichen Symptomen getestet haben, wurde der Barkeeper des Kitzloch am 7. März getestet. Hätten sich die Tiroler Gesundheitsbehörden streng an die internationalen und österreichischen Standards und gesetzlichen Vorgaben gehalten, wäre der Barkeeper des Kitzloch damals nicht getestet worden.

3. Sie schreiben in Ihrer Stellungnahme vom vergangenen Samstag, sie hätten das Contact-Tracing am 5. März noch nicht durchführen können, weil Ihnen die konkreten Namen der Isländer nicht bekannt waren. Doch sie verfügten am 5. März um 15:37 Uhr über die Namen der fünf betroffenen Hotels und die exakten Abreisedaten der Isländer – warum haben Sie nicht bei den Hotels nachgefragt, welche Isländer an diesem Tag ausgecheckt haben, um in der Folge die Infektionsquelle und die Kontaktpersonen zu ermitteln?

Eine Nachfrage bei den betroffenen Hotels wurde durchgeführt, die Gästedaten dieser Hotels wurden über die Polizei eingeholt und erfasst. Zudem wurden wir erwähnt die Daten von 90 isländischen UrlauberInnen mit den Patientendaten des ortsansässigen Arztes verglichen sowie der Gesundheitszustand von MitarbeiterInnen der betroffenen Hotels ermittelt. Obwohl für die Tiroler Gesundheitsbehörden damals keine bzw. später unzureichende Informationen vorlagen und diese auch nach Aufforderung nicht im erforderlichen Maß übermittelt wurden, haben sich die Tiroler Behörden damit nicht zufrieden gegeben, sondern über die Vorgaben des Gesundheitsministeriums hinaus sehr rasch alle erdenklich möglichen Erhebungen vor Ort mit Hilfe der Tiroler Polizei durchgeführt, um aktiv nach möglichen infektiösen Personen zu suchen und so eine mögliche Weiterverbreitung der Infektketten zu diesem Zeitpunkt bestmöglich zu unterbinden.

4. Am Nachmittag des 6. März verfügten Sie über alle 14 Namen der infizierten Isländer, von denen mehrere bereits in Ischgl infektiös waren. Welche konkreten Schritte unternahm die Bezirkshauptmannschaft Landeck bzw. die Landessanitätsdirektion bzw. das Land Tirol, um laut Epidemiegesetz dem Ursprung der Infektion auf den Grund zu gehen und zweitens die engen Kontaktpersonen der Isländer zu ermitteln?

Gerne dürfen wir dazu nochmals auf die Beantwortung der Frage 1 hinweisen.

5. Haben Mitarbeiter der BH Landeck bzw. der Landessanitätsdirektion bzw. ein Amtsarzt direkt in den fünf betroffenen Hotels Befragungen durchgeführt, um den Ursprung der Infektion und mögliche Kontaktpersonen zu ergründen? Oder ist vielmehr zutreffend, was der Tourismusverband auf der Website ischgl.com in seiner – inzwischen gelöschten – Chronologie veröffentlichte, wonach der Bezirkshauptmann der BH Landeck den Tourismusverband ersucht habe, „jene Betriebe, die in letzter Zeit Isländer beherbergt haben, persönlich aufzusuchen und die Besitzer zu bitten, Auffälligkeiten sofort zu melden“? (Wir weisen darauf hin, dass diese Vorgehensweise weder dem Epidemiegesetz noch dem Erlass zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung entsprechen würde.)

Im Auftrag der Gesundheitsbehörde hat die Polizei Ermittlungen in den Hotels durchgeführt und dabei unterstützt, den Gesundheitszustand der MitarbeiterInnen der betroffenen Hotels zu erheben.

6. Andere Bezirkshauptmannschaften erklärten uns, dass es zu diesem Contact-Tracing Aufzeichnungen in der BH Landeck geben müsste: Können Sie uns sagen, wie das Contact-Tracing genau abgelaufen ist (falls es überhaupt stattgefunden hat), wie viele Mitarbeiter der BH Landeck, wie viele Ärzte, wie viel Mitarbeiter des Landes für diese Erhebungen eingesetzt wurden, wie viele Befragungen in den betroffenen Hotels stattgefunden haben und wann?

In die Erhebungen waren sowohl MitarbeiterInnen der Landessanitätsdirektion, der BH Landeck sowie der Polizei unmittelbar eingebunden. Zudem wurden entsprechende Fragebögen ausgefüllt und Protokolle erstellt. Wie bereits in der Beantwortung der Frage 1 ausgeführt, fanden diese Erhebungen großteils am 5. und am 6. März statt, unmittelbar nachdem die Tiroler Behörden vom Gesundheitsministerium erste Informationen zu Erkrankungsfällen aus Island erhalten haben.

7. Aus der isländischen Warnung, die am 5. März um 15:37 Uhr in Tirol eintraf, geht zweifelsfrei hervor, dass die 14 infizierten Isländer an unterschiedlichen Tagen nach Island zurückflogen. Außerdem schrieb das isländische Contact-Tracing-Team, dass die isländischen Familien „nicht als Gruppe gereist sind und keinen Kontakt untereinander hatten, als sie in Ischgl waren“. Weiters geht aus dem Mail hervor, dass die Symptome mehrerer Isländer bereits anfingen, als diese noch in Ischgl waren. Trotzdem veröffentlichte das Land Tirol am selben Tag auf seiner Website eine Stellungnahme der Landessanitätsdirektion, wonach sich die Isländer bei ihrem „Rückflug im Flugzeug angesteckt haben dürften“. Wie konnten Sie anhand der eindeutigen Faktenlage zu dieser Fehleinschätzung gelangen? Und warum wurde diese Fehleinschätzung um 18 Uhr via Tourismusverband an alle Hotels in Ischgl verschickt, obwohl das Mail der Isländer zu diesem Zeitpunkt seit mindestens zwei Stunden bekannt war?

Parallel zu den von den Tiroler Gesundheitsbehörden bereits durchgeführten Ermittlungen wurden der BH Landeck zwei schriftliche Mitteilungen von IsländerInnen weitergeleitet. Darin äußerten die IsländerInnen den Verdacht, dass sie sich am Wochenende zuvor beim Rückflug von München nach Island bei einer ebenfalls im Flugzeug befindlichen Corona-positiven Person angesteckt haben. Internationale Gesundheitsinstitutionen haben zu dieser Zeit publiziert, dass von Flugzeugen ein gewisses Risiko für mögliche Coronaansteckungen ausgehen. Auch österreichische Gesundheitsinstitutionen stuften Personen, die zwei Reihen vor und zwei Reihen hinter einer am Coronavirus erkrankten Personen im Flugzeug sitzen, als Corona-Kontaktpersonen ein. Unabhängig davon führten die Tiroler Gesundheitsbehörden ihre Erhebungen in Ischgl konsequent fort, gingen allen zur Verfügung stehenden Hinweisen aus Island nach und nahmen diese zum Anlass, um den Gesundheitszustand von 90 in Ischgl urlaubenden IsländerInnen von Mitte Februar bis Anfang März überprüfen zu lassen. Nochmals darf erwähnt werden, dass zu diesem Zeitpunkt keine Coronaerkrankung in Ischgl festgestellt werden konnte. Dennoch hat die Gesundheitsbehörde mit Unterstützung der Polizei bei allen betroffenen Hotels den Gesundheitszustand aller MitarbeiterInnen erheben lassen.

8. Sie schreiben, dass Ihnen schriftliche Mitteilungen mehrerer Isländer vorlagen. Diese hätten sich im Flugzeug angesteckt. Können Sie diese Mitteilungen zur besseren Nachvollziehbarkeit anonymisiert öffentlich machen? Wie kommt es, dass Sie den Mitteilungen von einzelnen Urlaubern mehr Bedeutung zugemessen haben als den konkreten Erkenntnissen der offiziellen isländischen Gesundheitsbehörden, denen zufolge mehrere Infektionen der Isländer in Ischgl wurzelten?

Sehr gerne dürfen wir Ihnen anonymisierte Auszüge aus diesen schriftlichen Mitteilungen zur Verfügung stellen: Ein Isländer teilte mit: „We took the plane from Munchen airport on Saturday. We were notified by the airline on Sunday that there was an infected person on the plane (he was not in our group and we do not know him). This man came from a ski resort in Italy. … There was a infected man (or woman) in the airoplane on Saturday with us who came from Italy and we believe he (or she) infected us.“ Ein weiterer isländischer Urlauber teilt mit: „My believe is that our people did catch the virus on the flight, not in Ischgl…“ Und nochmals dürfen wir darauf hinweisen: Unabhängig davon führten die Tiroler Gesundheitsbehörden ihre Erhebungen in Ischgl konsequent fort, gingen allen zur Verfügung stehenden Hinweisen aus Island nach und nahmen diese zum Anlass, um den Gesundheitszustand von 90 in Ischgl urlaubenden IsländerInnen von Mitte Februar bis Anfang März überprüfen zu lassen. Nochmals darf erwähnt werden, dass zu diesem Zeitpunkt keine Coronaerkrankung in Ischgl festgestellt werden konnte. Dennoch hat die Gesundheitsbehörde mit Unterstützung der Polizei bei allen betroffenen Hotels den Gesundheitszustand der MitarbeiterInnen erheben lassen.

9. Am 25. Februar wurden in Innsbruck die zwei ersten Coronafälle in Tirol/Österreich bekannt. Am 26. Februar schickte der Landespressedienst öffentlich das Bewegungsprofil des infizierten Paares aus – es sollten Leute aufmerksam gemacht werden, die dieselbe Seilbahn wie die Infizierten benutzt hatten. Dies entspricht der korrekten Vorgehensweise, um auch sogenannte Kategorie 2-Kontaktpersonen (mehr als zwei Meter Abstand und weniger als 15 Minuten Aufenthalt im selben Raum mit Corona-Infizierten) auf möglichen Kontakt mit den Infizierten aufmerksam zu machen. Im Fall der infizierten Isländer konnten wir keine solchen öffentlichen Warnungen an andere Urlauber in Ischgl finden. Warum wurden in diesem Fall weniger enge Kontaktpersonen nicht informiert, obwohl das der Erlass des Gesundheitsministeriums ebenfalls vorsieht?

Auch hier darf auf die Beantwortung der Frage 1 hingewiesen werden.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.