Club 3: Das Selbstbild des Wolfgang Sobotka
Wolfgang Sobotka ist eine durchaus umstrittene, aber auch schmerzbefreite Person. Dass der Nationalratspräsident zuletzt im APA-Vertrauensindex hinter FPÖ-Chef Herbert Kickl lag? Dass seine Partei, die ÖVP, in Umfragen weiter an Zustimmung verliert? Dass die Opposition seinen Rückzug fordert? So wirklich zu belasten scheint das Sobotka nicht. Es regt ihn höchstens zum Nachdenken an, wie er im Club 3 – dem TV-Talk von profil, „Kronen Zeitung“ und „Kurier“ – sagt. Für sein Image gebe es „wahrscheinlich eine Vielzahl von Ursachen“. Er habe „mit dem Thema leider Gottes seit jeher zu kämpfen“. Ein Grund sei der mangelnde direkte Kontakt zu den Menschen: „Im Fernsehen kommen Sie immer so unsympathisch rüber, so sind Sie gar nicht“, höre Sobotka oft. Er meint dazu: „Ein Bild erzeugt man auch mit Bildsprache. Da bin ich sicherlich nicht das große Talent dafür.“
Dass die Bevölkerung kein gutes Bild von der Politik hat, liege an anderen Dingen. Zum Beispiel an der Opposition und anonymen Anzeigen. Oder an den Medien, die eine schnelle Schlagzeile wollen. Der Umgangston im Nationalrat sollte sich mit dem Umzug in das renovierte Parlament ändern. Sobotka möchte, dass man von der „Emokratie in die Demokratie“ komme. „Ich versuche meinen Teil ja“, sagt Sobotka: „Ich bin zum Beispiel nicht so oft in Untersuchungsausschüssen, um nicht noch zusätzliche Emotionen reinzubringen.“
Ob Sobotka bei der nächsten Befragung von Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, den Vorsitz im U-Ausschuss führen wird? Das weiß Wolfgang Sobotka noch nicht, aber: Er orientiere sich in dieser Frage an seinem Kalender. Wenn Sobotka andere Verpflichtungen habe, nehme er sie auch wahr. „Früher habe ich alles andere gestrichen, das tue ich jetzt nicht. Und ich sehe, dass es auch dadurch etwas ruhiger wird.“
Sobotka verteidigt im Gespräch nicht nur seine Person und seine Partei, sondern auch seinen Nachfolger im Innenministerium: Gerhard Karner legte auf EU-Ebene ein Veto gegen den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien ein. „Er hat vollkommen zu Recht in dieser Form reagiert“, sagt Sobotka. Das Schengen-System, in dem keine Grenzkontrollen vorgesehen sind, funktioniere nicht. Immer mehr Menschen würden unkontrolliert und illegal nach Österreich kommen. Es gehe „um die europäischen Sicherheitsinteressen und das Thema der Migration“. Warum Österreich dann aber für den Schengen-Beitritt Kroatiens stimmte, konnte Sobotka nicht argumentieren. Das müssten der Innenminister und seine Experten erklären.
Diese Linie ist nicht unumstritten. International ohnehin nicht, aber auch nicht in der ÖVP: Sobotkas Parteikollege und Vize-Präsident des EU-Parlaments Othmar Karas findet sie „unverantwortlich und unsäglich“. Sobotka nimmt zur Kenntnis, dass Karas „in Brüssel zu Hause ist“ und „eine andere Sicht der Dinge hat“. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen bedauert übrigens die Position Österreichs „außerordentlich“.
In einem anderen Punkt teilt Sobotka die Einschätzung Van der Bellens: Die Politik müsse das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen. „Das Vertrauen ist die wichtigste Münze der Politik. Und die ist einer großen Inflation ausgesetzt.“
Ob Sobotka bei der nächsten Nationalratswahl 2024 wieder antritt? Darüber muss er noch nachdenken. Die Politik bereite ihm jedenfalls noch Freude, trotz der jetzigen Imagewerte.