Club3: Droht bei einem Gas-Embargo der Wirtschaft die Apokalypse?
Georg Knill wird derzeit nicht müde, apokalyptische Szenarien zu zeichnen, so auch im Club 3, dem gemeinsamen Talk-Format von „Kronen Zeitung“, „Kurier“ und profil. Sollte die EU, wie von vielen Staaten gefordert, ein Embargo auf russisches Gas aussprechen, droht der heimischen Industrie laut Knill ein Absturz. 50 Großunternehmen in Österreich würden Gas direkt in ihrer Produktion verwenden. 7000 Unternehmen nutzten Gas als wesentliche Energiequelle. Ein Embargo würde „einen Flächenbrand wirtschaftlicher Auswirkungen bis zu totalem Stillstand“ auslösen. Die Folge wäre „Massenarbeitslosigkeit“. Daher sei es „verantwortungslos, was hier auf europäischer Ebene zu diesem Thema getan wird“. Knill meint das EU-Parlament, das sich vorvergangene Woche für ein Embargo auf russisches Gas aussprach. Dass auch österreichische Abgeordnete dafür stimmten, macht den Präsidenten der Industriellenvereinigung doch etwas fassungslos. Daher hat er den Mandataren einen Brief geschrieben: „Wir haben uns aufgeregt und sehr kritisch gefragt, ob sie sich nicht informiert hätten, was das für Konsequenzen mit sich brächte.“ Dass ein Gas-Embargo helfen könnte, den Krieg zu beenden, weil Russland das Geld ausginge, glaubt Knill nicht. Russland habe genug andere Ressourcen, um den Krieg zu finanzieren, und würde weiterhin Handel mit China und Indien treiben.
Österreich habe seinen Wohlstand auch durch „günstiges, verlässliches russisches Gas“ erwirtschaftet, nun müsse es sich von dieser Abhängigkeit lösen. War es ein Versagen, dass die Industrie nicht schon 2014, nach der russischen Invasion auf der Krim, Pläne entwickelte, sich von der Abhängigkeit von russischem Gas zu befreien? Er könne kein Versagen erkennen, sagt Knill. Auch die europäische Politik habe die jetzige Entwicklung nicht vorausgesehen.
Mit der heimischen Politik hat der Industrie-Präsident derzeit wenig Freude, vor allem nicht mit Umweltministerin Leonore Gewessler. Diese habe bis jetzt kein Konzept zum Management der drohenden Energie-Engpässe vorgelegt. Diese Woche habe es ein erstes Treffen mit den Sozialpartnern gegeben. Im Club-3-Interview wiederholte Knill daher seine Forderung nach einem eigenen Staatssekretariat für Energiefragen im Bundeskanzleramt. Zudem vermisst er einen Masterplan, wie das von der Regierung gesetzte Ziel, 2040 klimaneutral zu sein, erreicht werden könne.
Auch bei kurzfristigen Vorhaben sei die Koalition säumig. Für die öko-soziale Steuerreform, die ab Juli in Kraft treten soll, würden noch 20 Verordnungen fehlen. Knills Bilanz: „Die Verwaltung kann nicht Krise.“ Das habe sich auch beim Management der Corona-Pandemie gezeigt.
Doch was kann die Antwort auf all die Krisen – Pandemie, Krieg, Teuerung, drohende Rezession – sein? Eine Lösung schließt Knill aus: Verzicht. Die Menschen würden nicht auf Konsum verzichten wollen und die Wirtschaft nicht auf Wachstum. Jedem sei „das Hemd näher als der Rock“. Man werde die Gesellschaft in einer Verzichtsdebatte „nicht mitnehmen“ können. Die Folgen der Krisen, vor allem des Krieges, seien nicht absehbar. Unternehmer seien aber „von Grund auf optimistisch“ und könnten die Krisen mit „Geduld und Willenskraft“ meistern.