Florian Tursky: „Alle Karten, die jetzt im Börsel, bis 2024 am Handy“
Ich möchte, dass bis zum Ende der Legislaturperiode fast alle Amtswege digital am Handy möglich sind“, sagt der neue Staatssekretär für Digitalisierung, Florian Tursky, im gemeinsamen TV-Format von profil, „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“. Das heißt: bis 2024. Ein ambitionierter Plan. Und was konkret soll aufs Handy wandern? „Ich will alle Ausweise, die ich aktuell in der Geldtasche habe, künftig am Handy haben. Von Schülerausweisen, Studentenausweisen, Zulassungsscheinen, Führerscheinen bis hin zum Personalausweis.“ Gegen einen Handy-Reisepass spreche noch die notwendige Anerkennung in anderen Ländern.
Tursky selbst räumt erstaunlich offen ein, kein Digital Native im E-Government zu sein. „Letztens bin ich draufgekommen, dass ich die Möglichkeit habe, mit einem Klick und ohne neue Registrierung verschiedene Dinge wie Finanzonline und Daten aus der Sozialversicherung abzurufen. Ich wusste auch nicht, dass man den Strafregisterauszug online machen kann.“ Das könnte man jetzt als Beleg für seine fehlende Eignung werten, Österreich zum Digital-Champion zu machen. Wo, wenn nicht im Bereich Digitalisierung, sollten ausgewiesene IT-Experten in die Politik geholt werden? Doch Tursky wirkt, als lerne er schnell. Anleihen will er nicht nur beim europäischen IT-Vorreiter Estland nehmen, sondern auch in Ruanda. Das ostafrikanische Land machte aus der Not eines Bürgerkrieges die Tugend einer Durchdigitalisierung des öffentlichen Lebens.
Die Latte in Österreich liegt aktuell auf unterstem Limbo-Niveau. Am Tag der Club-3-Aufzeichnung wurde das „Kaufhaus Österreich“ offiziell zu Grabe getragen. Es sollte die rot-weiß-rote Konkurrenz zu Amazon werden. Ein Millionengrab, hinterlassen von seiner Vorgängerin im Bereich Digitalisierung, ÖVP-Ministerin Margarete Schramböck. Im Vergleich zu ihr hat Tursky schon jetzt Ecken und Kanten. Er will sich jetzt einmal politisch eingrooven in seiner digitalen Nische. Doch wenn es in der ÖVP so weitergeht mit den Abgängen, sollte er sich im Staatssekretariat nicht zu gemütlich einrichten. Der Ruf zu höheren Weihen kann in der ÖVP derzeit schneller erschallen als ein Echo in den Tiroler Bergen.
Der neue Staatssekretär präsentiert sich im Club 3 jedenfalls körperlich fit, sympathisch, politisch versiert und ist auch für einen lockeren Sager zu haben. Keine schlechten Eigenschaften für einen Nachwuchspolitiker. Tursky ist 33 und damit zwei Jahre jünger als Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Mit dem einstigen Superstar der ÖVP hat Tursky so manchen Berg bestiegen, erzählt er, und er verliert kein schlechtes Wort über ihn. Im Gegenteil: „Ich habe die Art und Weise geschätzt, wie er Politik betrieben hat.“ Kurz hinterlasse „viele Reformen, eine gute Politik und auch zwei hervorragende Wahlergebnisse“.
Nach dem politischen Absturz von Kurz landete die ÖVP im Umfragetal. Und nach dem Abdanken einiger Parteigranden – vom steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bis zum Tiroler Landeshauptmann Günther Platter –, liegt es nun auch an Leuten wie Tursky, den türkis-schwarzen Karren wieder aus dem Sumpf zu ziehen. Von dieser offensichtlichen Berufung will der Tiroler, der fünf Jahre Platters Bürochef war, noch nichts wissen. Angesprochen auf die desaströse Lage der ÖVP, antwortet er nicht mit Visionen, neuen Erzählungen, Tabubrüchen, sondern mit Stehsätzen. „Natürlich ist es wichtig, das Vertrauen in die gesamte Politik wieder zurückzugewinnen – mit ordentlicher Arbeit.“ – „Die Österreichische Volkspartei verfügt über Tausende Funktionärinnen und Funktionäre, die täglich ihr Bestes geben. Für die Menschen in unserem Land.“ Für wen sonst? Das klingt gefährlich nach ÖVP alt. Aber vielleicht muss Tursky die vererbten Plattitüden erst abschütteln. Denn das restliche Gespräch – immerhin von drei Journalisten eine Stunde lang gegrillt – bestreitet er halbwegs souverän und locker.