"Freedom Day" oder Long Covid?
„It ain’t over ’til it’s over!”, heißt es bei Rocky Balboa, und wenn Rocky das sagt, dann muss es wohl stimmen. Es ist erst dann vorbei, wenn es vorbei ist. Da ist es auch egal, ob es sich nun um das letzte Aufbäumen eines gealterten Boxers (Sylvester Stallone) handelt oder um eine Seuche, die es, um hier im Rocky-Jargon zu bleiben, zu bekämpfen gilt. Denn: Die Pandemie schwächelt zwar ernsthaft („Plateau erreicht”), hält sich aber mit erschreckend hohen Infektionszahlen auf den Beinen.
Österreich sperrt dennoch auf: Im Kleinen bereits ab morgen, Samstag (2G wird zu 3G, außer in Wien), zu großflächigen Lockerungen wird es dann ab 5. März kommen (die Details können Sie auf profil.at nachlesen). Von einigen Seiten wird dieser Tag nun schon zum „Freedom Day” ausgerufen. Ob er auch in die Geschichtsbücher eingehen wird, bleibt fraglich: Die Zeiten sind kompliziert – und der nächste Herbst kommt so sicher wie die Fußball-Weltmeisterschaft im Advent. Komplexitätsforscher Peter Klimek fasst das Dilemma aktuell so zusammen: Er halte, mit Blick auf die aktuellen Auslastungen im Spitalsbereich, die Öffnungsschritte für „vertretbar”; aufpassen sollte man, was die Kommunikation betrifft. Tituliere man dies nun als „Freedom Day” und nicht als schlichtes Aussetzen von Maßnahmen, könnte das wieder zu Problemen führen. Apropos Kommunikation: Zum Thema Impfpflicht und Lockerungen haben Christian Rainer und Gernot Bauer einen erhellenden Politik-Podcast aufgezeichnet. Titel: „Wie neun Landeshauptleute gegen einen Bundeskanzler arbeiten.“
Ein Problem reicht ohnehin über den 5. März hinaus: Nicht immer ist Covid-19 nach ein paar Tagen oder Wochen überstanden; mehr als zehn Prozent der Befallenen laborieren auch Monate nach Beginn der Erkrankung unter Symptomen (chronische Erschöpfung, Atemnot, Depressionen, etc.). Ein Platz in einer Covid-Ambulanz wäre ideal, die meisten Institutionen sind aber heillos überfüllt. Stellt sich die Frage: Was kann ich zu Hause gegen Long Covid tun? Meine Kollegin Franziska Dzugan hat diese Frage für unsere neue Online-Rubrik „profil macht schlau“ recherchiert – und es gibt good news zu vermelden: Betroffene brauchen mitunter viel Geduld, die meisten Menschen erholen sich aber wieder vollständig.
Sie haben Fragen? Dann können Sie sich ganz unbürokratisch an unsere kleine profil-macht-schlau-Redaktion wenden. Hier beantworten wir die großen und kleinen Fragen des Alltags und geben praktische Tipps für das Leben, die Liebe und alles dazwischen. Post gerne an: [email protected]
Bleibt in dieser Morgenpost nur noch die Frage, wie (und wann) Pandemien denn wirklich enden? Mein Wissenschafts-Kollege Alwin Schönberger hat das bereits vor Wochen in einem aufschlussreichen Seuchen-Drehbuch skizziert. Sein Fazit: In absehbarer Zeit wird die aktuelle Pandemie eine von vielen sein, mit denen die Menschheit in ihrer Geschichte zu ringen hatte. Und: Bald wird sich die Wissenschaft eher mit der Frage befassen, wie wir uns auf die nächste Pandemie vorbereiten können.
Apropos perfekte Enden: In der „Rocky“-Filmreihe sind mittlerweile sechs Kinowerke und zwei Spin-Offs erschienen. Das letzte Wort ist auch hier noch nicht gesprochen.
Ein erholsames und gesundes Wochenende wünscht Ihnen
Philip Dulle
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