Wie Corona Wien verändert – in Zahlen
Kurz nach in Kraft treten der Ausgangsbeschränkungen aufgrund des Coronavirus verwandelten sich zahlreiche Großstädte der Welt in scheinbare Schauplätze dystopischer Science-Fiction-Filme: Leer gefegte Straßen und Menschen mit Masken, die Klopapier hamstern. Natürlich ging das Leben für viele in den eigenen vier Wänden unter veränderten Bedingungen ganz normal weiter. In Daten vom März und April zeigen sich dennoch die drastischen Verhaltensänderungen:
80 Prozent weniger Zeitverbrachten Google-Nutzer in Wiens Geschäften und Restaurants, das ergab eine Auswertung der Standortdaten durch den Internet-Riesen. Mittlerweile (Stand 17.4.) sind es immer noch minus 69 Prozent im Vergleich zur üblichen Frequenz. Die Wiener Linienverzeichneten vergangene Woche noch 70 Prozent weniger Fahrgäste(Stand 23.4.), konnten aber bereits wieder eine leichte Zunahme beobachten.
Für viele fällt der Arbeitsweg nur temporär weg, für andere dauerhaft. Im März verzeichnete Wien einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 38,9 Prozent. Besonders betroffen sind dabei die Branchen Beherbergung und Gastronomie. Dies zeigt sich auch in den Zahlen, die Wien Tourismus an profil übermittelte: Demnach verbuchte Wien im März 2020 72,5 Prozent weniger Nächtigungenals im Jahr davor. Mit Stand 22.4. hatten 272 Hotelbetriebe geschlossen.
Die Schließung vieler Betriebe wirkt sich deutlich auf den Energieverbrauchder Stadt aus. Tagsüber werden in Wien seit Mitte März 20 Prozent wenigerEnergie benötigt, dies liegt laut den Wiener Stadtwerken vor allem an den Schließungen in der Gastronomie, die durch Großgeräte viel Strom verbraucht. Hier hat sich also auch mit den ersten Lockerungen nach Ostern noch nichts verändert. Auch die Zeiten, wann der meiste Strom benötigt wird, haben sich verschoben. Zwischen 12 und 13 Uhr gibt es nun eine deutliche Bedarfsspitze, was wohl daran liegt, dass die WienerInnen mehr zu Hause kochen. Durch Kochen, Unterhaltungselektronik und Homeoffice verbrauchen die WienerInnen in ihren eigenen vier Wänden um bis zu ein Drittel mehr Strom.
Homeoffice und Isolation haben auch deutliche Auswirkungen auf die Mobilfunk-Netzauslastung: "Seit Beginn der Corona-Krise hat sich die Mobilfunk-Netzauslastung deutlich verändert. Wir sind heute (Anm.: Stand 23.4.) bei durchschnittlich 24,03 Mio. Gesprächsminuten pro Tag und 1,86 Mio. Gigabyte pro Tag in Wien Stadt", berichtet Gregor Wagner, Pressesprecher des Forums für Mobilkommunikation.
Während vor der Corona-Krise meist abends mit dem Handy telefoniert wurde, wird der Mobilfunk nun am häufigsten am Vormittag genützt, das Mobiltelefon ersetzt den Festnetzanschluss im Büro.
Die vermehrte Zeit daheim äußert sich auch in den Essensbestellungenbeim Lieferservice Mjam: "Wir sehen wieder einen positiven Bestelltrend. Die Kunden in Wien verstehen, dass sie mit Online-Bestellungen Restaurants unterstützen können", so Artur Schreiber, operativer Geschäftsführer. Ob das Bestellvolumen den Umsatzeinbruch durch die Schließung der Lokale kompensieren könne, lasse sich aber nicht sagen. Die Abholbestellungen hätten sich aber im Vergleich zur Zeit vor Corona vervielfacht. Vor allem indische und österreichische Gerichte waren im März beliebter als im Vormonat.
Obwohl die Bevölkerung zum vermehrten Händewaschen angehalten ist, ging der Wasserverbrauchin Wien erst einmal um 6 Prozent zurück, was laut Wiener Wasser vor allem am Rückgang des Tourismus und der Schließung von Unternehmen lag. Mittlerweile ist der Verbrauch auch durch das gute Wetter wieder gestiegen. Die Müllmengenin Wien blieben bisher gleich, nur die Mitarbeiter der Straßenreinigung konnten vermehrt in anderen Bereichen eingesetzt werden.
Neben den Straßen wurde auch die Luft sauberer, wie Kollegin Franziska Dzugan recherchiert hat: In Wien sank der Anteil an Stickstoffoxiden (durch Verkehr verursacht, reizen, schädigen die Lunge) in der Luft weniger drastisch als in anderen Städten aber doch deutlich.
Wann Wien im Bezug auf das Coronavirus aufatmen kann, wird sich zeigen. In Wien gibt es aktuell noch 520 Erkrankte, 2372 waren jemals infiziert. Es gab bisher 113 Todesfälle (Stand 27.4., 15 Uhr).