Buberl war gestern

Das neue Leben von Jörg Haiders ehemaliger „Buberlpartie“

Karrieren. Das neue Leben von Jörg Haiders ehemaliger „Buberlpartie“

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Wenn es eng wurde, musste stets er ran. Peter Westenthalers Platz war immer mitten im Kampfgetümmel. Und Getümmel gab es in den wildern Neunzigern genug, damals, als die Möglichkeiten der Haider-Partei unbegrenzt schienen. Dass es 1999 dann 27 Prozent für die FPÖ wurden, was auch für eine Regierungsbeteiligung reichte, ist nicht zuletzt das Verdienst des heute 46-jährigen Peter Westenthaler.

Im schwarz-blau dominierten Nationalrat gab er als Klubobmann den Wilden, und als es nach der Wahlniederlage 2006 in einem Lokal am Wiener Alsergrund zu einem kleinen Handgemenge zwischen Parteifreunden kam, war wieder nur er auf der Wallstatt, als die Polizei erschien. Andere Granden waren aufs Klo geflüchtet.

„Vom Politisieren bin ich geheilt“
Die bedingte Strafe, die er in diesem Zusammenhang später wegen falscher Zeugenaussage ausfasste, ist getilgt. Heute ist Peter Westenthaler ein unbescholtener Mann, und das ist für ihn wichtig: Nach einem Vierteljahrhundert in der Politik muss sich Peter Westenthaler, Gemeindebaukind aus Wien-Favoriten, erstmals seinen Platz in der bürgerlichen Welt suchen. Seine letzte Partei, das BZÖ, ist unwiederbringlich untergegangen, und er selbst schwört Stein und Bein: „Vom Politisieren bin ich geheilt.“

Peter Westenthaler, einst der Buberlhafteste unter den Buben, dem auch viel Unsinn entschlüpfte, etwa die Forderung nach Abschiebung von 300.000 Ausländern, ist – äußerlich jedenfalls – gereift. Er fährt einen großen, schwarzen Audi, ist gebräunt wie ein Millionär auf Dauerurlaub und von jener Trittsicherheit, die man sich im rauen Gelände der Politik aneignet.
Aber die Bräune kommt nicht aus der Karibik, sondern aus der Steiermark, wo die Familie ein kleines Haus gekauft hat; und den Audi parkt er nicht vor einem chromblitzenden Konzernportal, sondern vor einem Einfamilienhaus in Oberlaa, einem idyllischen, aber keineswegs noblen Örtchen am Wiener Stadtrand. Dort hat er in einem Zubau sein neues Büro, dort sitzt die Wescon GmbH. Geschäftsführer und 100-Prozent-Eigentümer: Ingenieur Peter Westenthaler.

Die Wescon, gegründet im Oktober 2013, bietet vielfältige Leistungen an: Politikberatung und Expertise, Analytische Vorberatung, Planung von Strategien und PR-Maßnahmen, Medien- und Konkurrenzbeobachtung, aktuelle und zeithistorische Politanalyse, Krisenmanagement – also ziemlich alles, was Westenthaler auch in der FPÖ erledigt hat, damals meist mit nicht wirklich salonfähiger Bärbeißigkeit.

Die Fotos auf seiner sehr handgemachten Website kommen noch aus dieser für ihn nun versunkenen Welt: Westenthaler mit Heinz Fischer, mit Jörg Haider, mit Frank Stronach; Westenthaler mit Gattin am Opernball, mit dem dänischen Busenwunder Brigitte Nielsen auf einer Pferderennbahn, mit Andreas Khol im Parlament.

So turbulent verläuft sein neues Leben nicht: „Ich bin eigentlich sehr zurückgezogen.“

Und das Geschäft muss auch noch anlaufen. Im Bereich Beratung und Strategie hat er erst zwei Kunden – wer das ist, darf er nicht sagen. Eigentlich müsste der Zulauf weit größer sein, meint er. Bei seiner politischen Erfahrung. Die habe so schnell kein anderer in der Branche, ausgenommen Heidi Glück, Wolfgang Schüssels einstige Pressesprecherin, und Josef Kalina, der ehemalige SPÖ-Geschäftsführer, der vor fünf Jahren ebenfalls in die Beraterbranche wechselte. In dieser Liga sieht auch er sich.
Vorerst muss sich Peter Westenthaler auf sein zweites Geschäftsfeld konzentrieren, die Investorenvermittlung im Immobilienbereich. Das funktioniert etwa so: Jemand hat ein Grundstück und sucht jemanden, der darauf etwas bauen will – Peter Westenthaler treibt ihn auf. Jemand will bauen und hat kein geeignetes Grundstück – Peter Westenthaler findet es. Im Idealfall. Vorerst hat er ein Referenzprojekt: Ein Kunde wollte zehn Reihenhäuser bauen und Westenthalers Wescon GmbH fand das geeignete Grundstück. Im August ist Baubeginn. Bei solchen Geschäften können vier bis fünf Prozent an Provision anfallen, das seien bei großen Dingern schon an die 50.000 Euro.

Die braucht er auch. In den ersten vier Monaten seines neuen Unternehmerlebens hatte er überhaupt keine Einnahmen. Und das bei Fixkosten von rund 8000 Euro im Monat, weil er sich eine Teilzeitkraft leiste und die Abgaben beträchtlich sind.

Aber es wird schon, meint er: Drei, vier größere Projekte im Jahr, und er verdiene mehr als ein Abgeordneter. Und den lästigen Prozess, der da im Herbst ansteht (Westenthaler wird vorgeworfen, 2004 als Generalsekretär der Bundesliga eine Subvention nicht widmungsgemäß verwendet zu haben), der werde keine großen Probleme machen.

Klingelknopf gesucht
Da hatte Herbert Scheibner, gewesener Klubobmann der FPÖ im Nationalrat, Verteidigungsminister im Kabinett Schüssel, eine unangenehmere Causa am Hals. Scheibner hatte seine Firma Scheibner Business Development GmbH bereits 2007 gegründet, als er noch für das BZÖ im Nationalrat saß. 2011 informierte die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich, bei der Scheibner sein Konto hatte, die Staatsanwaltschaft über Geldflüsse von diesem Konto in der Höhe von je 110.000 Euro an eine zyprische Briefkastenfirma und an einen Briefkasten auf den Virgin Islands sowie auf ein persönliches Konto (229.995 Euro). Das Geld, in Summe mehr als 440.000 Euro, kam von der Baufirma Alpine Deutschland, von einem Munitionsunternehmen, das auch dem Bundesheer zuliefert, und von der Herstellerfirma jener Eurofighter, die in der Ministerzeit Scheibners angeschafft worden waren. Dass deren Überweisung von 60.000 Euro in Tranchen zu je 5000 Euro optisch nicht günstig gewesen sei, gab auch Scheibner zu. Aber dazwischen lägen acht Jahre, und er habe nachweislich entsprechende Leistungen für dieses Honorar erbracht. Im vergangenen Jänner stellte die Staatswanwaltschaft das Verfahren ein.
Scheibner sitzt nicht wie Westenthaler in einem Privathaus am Stadtrand, sondern hat sich in unmittelbarer Nähe des Wiener Stephansplatzes in eine Bürogemeinschaft eingemietet. Über einen eigenen Klingelknopf verfügt die „Scheibner Business Development GmbH“ nicht. „SBD“ steht klein neben den anderen Einmietern. Angestellte hat der ehemalige FPÖ-Politiker keine, er sei „ein Eineinhalb-Personen-Betrieb“.

Sein Geschäftsmodell sieht so aus: Scheibner unterstützt kleine oder mittlere Betriebe dabei, im von österreichischen Firmen weitgehend unbeackerten arabischen Raum Fuß zu fassen, und er vermittelt Aufträge: „Dabei hilft es, wenn man ein ehemaliger Verteidigungsminister ist.“ Man verstehe als Ex-Politiker auch „gewisse Zeichen“ der Gegenseite besser. Am öftesten sei er in den Golfstaaten, in Jordanien und in Pakistan unterwegs. „Leider hat der Arabische Frühling alles schwieriger gemacht.“ Früher sei etwa Syrien sein ertragreichstes Spielfeld gewesen, damit sei es jetzt vorbei. Darum hat er einen ganz anderen, freilich hochriskanten Ziel-Kontinent im Auge: Herbert Scheibner goes Afrika, wenn’s wahr ist.
Die Fixkosten seien halt hoch und die Auftragslage unterschiedlich, klagt der ehemalige Politiker. Reich sei er nicht, sagt Herbert Scheibner, ein Luxusleben lasse sich so nicht führen, was angesichts der bekanntgewordenen 440.000-Euro-Überweisungen etwas verwundert.

Gibt es ein Referenzprojekt, auf das er stolz ist? Ja, durchaus, sagt Scheibner, aber leider dürfe er nichts dazu sagen. Geschäftsgeheimnis.
Schade.

+++ Lesen Sie hier: Vier Lausbuben und eine Sauberfrau - Was aus Jörg Haiders Anhang wurde +++

Foto: Monika Saulich für profil

Herbert Lackner

war von 1998 bis zum Februar 2015 Chefredakteur von profil. Heute schreibt der Autor mehrer Bücher als freier Autor für verschiedene Medien, darunter profil.