Jahresrückblick

Das war 2024: Drei tote Frauen im Sexstudio 126A

Die prägenden Stunden des Jahres: Freitag, 23. Februar, 21 Uhr. In einem Wiener Bordell werden drei chinesische Frauen ermordet.

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Während die meisten Läden in der Wiener Brigittenau schließen, öffnet in der Engerthstraße das „Studio 126A“ seine Tür. Es ist eines von vielen kleinen, unscheinbaren Bordellen in Wien, die mehrheitlich von chinesischen Einwanderinnen betrieben werden. Tagsüber fallen sie kaum auf. Keine grellen Neonlichter, keine auffällige Werbung – nur eine kleine Lampe über der Tür und verspiegelte Fenster. An diesem Abend wird die Tür das letzte Mal geöffnet. Es tritt aber kein Freier ein, sondern ein 27-jähriger Mann im psychischen Wahn. Kurz darauf sind die Sexarbeiterinnen Qunjiao K. (57) und Hong H. (47) und die Inhaberin Hongxi Z. (67) tot. Erstochen von einem afghanischen Asylwerber.

Der Mord an den drei Frauen des Studio 126A zählt zu den brutalsten Verbrechen in der jüngeren österreichischen Kriminalgeschichte. Der Fall sorgt auf mehreren Ebenen für Aufsehen: Wegen der Brutalität der Tat, die sich in eine Reihe von Femiziden einordnet. Wegen des Täters, der als afghanischer Asylwerber nach Österreich kam. Und wegen der Opfer, migrantische Sexarbeiterinnen, die im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und Kriminalisierung tätig sind und deren Lebensgeschichten kaum Beachtung finden. Wer waren diese Frauen?

Die Girls aus Hongkong

Die Annoncen der Sexstudios sind einschlägig: Geworben wird mit „frischen Girls“ aus China. Ein Fetisch, der gezielt mit der Ästhetik verruchter Hongkong-Streifen wirbt. Die Realität sieht ganz anders aus. Junge Frauen fänden kaum in die Branche, erzählt eine Aussteigerin profil. Oft handle es sich um Chinesinnen im mittleren Alter, verheiratet, mit Kindern und schlechter oder gar keiner Ausbildung. Es sind oft Frauen, die am wirtschaftlichen Aufstieg Chinas nicht teilhaben konnten und in dem Milieu eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten gefunden haben. „Man verdient schnelles Geld. Die meisten machen das drei bis fünf Jahre“, erzählt die Aussteigerin. Viele Frauen gehen der Sexarbeit nach, um die Basis für ein eigenes Gewerbe im Einzelhandel oder der Gastronomie aufzubauen.

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im profil Digitalressort.