Zwei Jahre davor war dieser Transitvertrag zwischen Nichtmitglied Österreich und der damaligen EG (Europäische Gemeinschaft) abgeschlossen worden – und Österreich wollte die Sonderregelung unbedingt auch als EU-Mitglied behalten. Doch die EU pochte auf freie Fahrt für schwere Brummer, vor allem aber auf das Prinzip des freien Warenverkehrs. Immer bitterer wurde um Ökopunkte und Details gerungen, gegen Mitternacht kam das letzte Angebot der EU: Der Transitvertrag wird um neun Jahre verlängert, dann ist Schluss. Mit den Worten „Ihr habt zehn Minuten Zeit, das anzunehmen. Wenn nicht, ist es vorbei“ knallte der griechische Ratspräsident der österreichischen Delegation den Transitvorschlag auf den Tisch. Der damalige Verkehrsminister (und spätere Kanzler) Viktor Klima zögerte. Der mitgereiste Wiener Finanzstadtrat Hans Mayr drängte: „Scheiß di net an, Vickerl, des moch ma schon.“ Wenige Telefonate und Minuten später waren die Beitrittsverhandlungen Österreichs abgeschlossen.
Eine Nachfolgeregelung für den Transitvertrag wurde nicht verhandelt. Das sollte sich bitter rächen.
Österreich versäumte es von Beginn an, Allianzen und Partner zu suchen. So blieb es im Kampf um seine Sonderregelung für den Alpentransit allein. Statt auf gezieltes Lobbying zu setzen, baute die heimische Politik auf markige Sprüche und kraftmeierische Drohungen – speziell ab dem Jahr 2000, als das Auslaufen des Transitvertrags näher rückte und Österreich wegen der ÖVP-FPÖ-Regierung im EU-Out stand. Politiker wie Jörg Haider polterten, drohten der EU mit Klagen oder einem Veto gegen die EU-Osterweiterung – ohne den Rest der EU damit zu beeindrucken. Noch dazu hielt Österreich eigene Zusagen nicht ein, die Entscheidung über den Bau des Brenner Basistunnels wurde etwa immer wieder hinausgeschoben. Acht Verkehrsminister, von Rudolf Streicher (SPÖ) bis Hubert Gorbach (FPÖ), mühten sich mit dem Transitvertrag ab, ohne Erfolg. Zum Schluss versuchte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Ende 2003 sein Glück – doch er hatte sich verspekuliert: Der Rest der EU war mit der historischen EU-Osterweiterung beschäftigt, niemand wollte sich in Ökopunkte-Klauberei und Lkw-Fahrten verzetteln. „Hörbranz, Hörbranz“, höhnte der deutsche Außenminister Joschka Fischer über einen Transit-Ort nur, viel mehr Gespräch war nicht. Ende des Jahres 2003 lief der Transitvertrag ersatzlos aus.
Und der Streit um Dauerbrenner Brenner ging auf anderer Ebene weiter.