Österreich

Der U-Ausschuss-Entwurf der ÖVP im Detail

Ein Entwurf für einen Antrag auf einen U-Ausschuss landete im Postfach eines Neos-Abgeordneten und wurde so ungeplant öffentlich: Was die ÖVP bei Grünen, FPÖ und SPÖ überprüfen will.

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Die Korruptions-Vorwürfe, die derzeit gegenüber der ÖVP und früheren Funktionären erhoben werden, will die Volkspartei offenbar auch den anderen Parteien vorhalten können: Im Parlamentsklub wurde ein entsprechendes Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorbereitet. 

Die ÖVP will alle drei Parteien auf zweckwidrige Verwendung öffentlicher Gelder im Zusammenhang mit Inseratenschaltungen, Umfragen, Gutachten und Studien untersuchen - führt aber jeweils unterschiedliche Begründungen dafür an. 

Grüne

Am heikelsten ist wohl das Kapitel zu den Grünen, immerhin Koalitionspartner der Volkspartei. Es dürfte noch nicht druckreif sein, Stellenweise ist von Werner Kogel (statt Kogler) und Eleonore Gewessler (statt Leonore) zu lesen. Die ÖVP möchte jedenfalls vor allem öffentliche Aufträge beleuchten, die an parteinahe Firmen gingen. Zum Beispiel beim Klimarat, einem Gremium, das repräsentativ für die Österreicherinnen und Österreicher Vorschläge in Klimafragen ausarbeiten sollte. Für die „kommunikative Begleitung“ beauftragte das Ministerium von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zwei Unternehmen, an denen Lothar Lockl beteiligt ist, früherer Kommunikationschef der Grünen und jetziger ORF-Stiftungsrat. Im durchgeführten Vergaberfahren, zitiert die ÖVP aus Medien, sei eines der Unternehmen zwar nicht Bestbieter, aber Billigstbieter. Daher sei es laut Ministerium zum Zug gekommen. 

Die ÖVP will aber auch das Beamtenministerium von Vizekanzler Werner Kogler unter die Lupe nehmen. Und zwar wegen Studien von Sophie Karmasin, frühere Ministerin im ÖVP-Team: Diese Studien wurden bereits in einem Gerichtsverfahren behandelt. Aber die ÖVP findet: „Es ist anzunehmen, dass weitere Studien mit Sophie Karmasin-Schaller oder auch mit Sabine Beinschab durchgeführt wurden.“

FPÖ 

Auch beim ehemaligen blauen Koalitionspartner hegt die ÖVP Aufklärungsbedarf:  In einem möglichen U-Ausschuss sollen Inseratenschaltungen in den „der FPÖ nahestehenden“ Medien „Wochenblick“, „alles roger?“, „Zur Zeit“, „unzensuriert“ und „Info Direkt“ behandelt werden. Über die entsprechenden Inserate berichtete profil bereits 2019. 

Untersuchungsgegenstand soll laut Entwurf auch die Werbeagentur „Ideen.schmiede“ sein, die unter anderem ein Spesenabrechnungskonto für den heutigen Parteiobmann Herbert Kickl geführt haben soll. Auch die Werbeagentur „Outsell GmbH“, deren Mehrheitseigentümer der FPÖ-Bezirksrat Andreas Bussek ist, wirft laut ÖVP “den Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung auf“. Auch darüber berichtete profil bereits.

SPÖ

Das längste Begründungs-Kapitel im Entwurf ist jedoch der SPÖ gewidmet. Das Papier, das laut ÖVP-Klubchef August Wöginger „für den Fall, dass Oppositionsparteien einen weiteren UsA planen, damit Einseitigkeiten in der parlamentarischen Aufklärungsarbeit vermieden werden“ erstellt wurde, hätte um die „SORA-Affäre“ ergänzt werden sollen - landete aber davor irrtümlicherweise im Postfach von Neos-Mandatar Helmut Brandstätter. 

In ihrer Begründung führt die ÖVP unter anderem mögliche Verbindungen der SPÖ unter Werner Faymann zum „Beinschab-Tool“, die Zusammenarbeit mit der vom ehemaligen SPÖ-Kommunikationsleiter Josef Kalina gegründeten Werbeagentur „Unique Public Relations GmbH“ sowie die Vergabe von Studien an externe Berater an.

Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

war bis Oktober 2024 stv. Online-Ressortleitung und Teil des faktiv-Teams.