"Die Imaginären": Wahlkampf in Zeiten des Algorithmus
"Unsere Häfen für unsere Leut", "Bequem statt extrem", "Wir machen, dass es aufhört": Das sind nur einige der Slogans, mit denen die Satirepartei "Die Imaginären" aktuell auf ihren Wahlplakaten wirbt. Das Kunstprojekt der Wiener Kreativstudios Junge Römer stellt sich die Frage, wie austauschbar Spitzenkandidaten, Parteilisten und Wahlkampfslogans im Jahr 2019 eigentlich sind.
Nach Ibiza-Video, Vizekanzler-Rücktritt und Misstrauensvotum wählt Österreich am 29. September nicht nur einen neuen Nationalrat, sondern vor allem auch die Persönlichkeiten, die einem im Netz, am Bildschirm oder eben von Wahlplakaten entgegenspringen. Den Umstand, dass sich nicht nur der Wahlkampf zu einem Gutteil in die sozialen Medien verlagert hat und Parteien mit aufwendigen Videos und raffinierten Spielereien um die Aufmerksamkeit der Wähler geworben wird, sondern der Stimmenfang, die mediale Wirklichkeit und der Diskurs immer mehr von Algorithmen bestimmt wird, führt die Satirepartei "Die Imaginären" jetzt ad absurdum: Auf ihrer Website, aktuell in einer Beta-Version verfügbar, lassen sich die fiktiven Wahlplakate nun erstellen und teilen. Dahinter steckt ein neues Machine-Learning-Verfahren, das aus einer Vielzahl von Politikerinnen-Porträts und Menschen aus der Öffentlichkeit neue Politikergesichter entstehen lässt.
Andreas Fraunberger, Co-Geschäftsführer von Junge Römer, sagt dazu zu profil: "Wir halten es mit unserer Erfahrung in Künstlicher Intelligenz für wichtig, dass die Leute über mögliche Nebenwirkungen der Digitalisierung informiert werden. Die Auswahl und Herstellung von Inhalten, Bildern und Texten wird zunehmend dynamisch organisiert. Mit ‚Die Imaginären’ wollen wir auf unterhaltsame und dennoch einprägsame Weise auf diesen Umstand hinweisen, um eine gestärkte Teilnahme an der demokratischen Gesellschaft zu ermöglichen." Oder um es mit einem Wahlplakat der Satirepartei zu sagen: "Du likest jeden Scheiß, da kannst auch für uns Voten."