Die Lehrer und ihre Gewerkschaft: Wie eine Berufsgruppe Eltern, Schüler und Politik in Geiselhaft nimmt
Sie haben sich als Stoßtrupp formiert: Eckehard Quin, Vorsitzender der AHS-Lehrergewerkschaft (ÖVP), Jürgen Rainer, Vorsitzender der BHS-Lehrergewerkschaft (ÖVP). Theodor Saverschel, ÖVP-naher Präsident des Bundeselternverbandes und Angi Groß, Bundesschulsprecherin der konservativen Schülerunion. Die Herren sind, wie ein reger Briefwechsel belegt, per Eckehard, Jürgen und Theo; ob sie auch mit Angi per Angi sind, ist nicht überliefert.
Das Quartett repräsentiert neuerdings den Bundes-Schulgemeinschaftsausschuss (B-SGA); ein Gremium, das nirgendwo gesetzlich verankert ist und sich trotzdem anmaßt, die Höheren Schulen gegenüber der Politik zu vertreten. Man muss diesen Freizeit-Aktivisten freilich zugestehen: Sie bündeln eine gewisse Kraft.
In der vergangenen Woche hat die AHS-Lehrergewerkschaft die verbündeten Schüler und Eltern in einem Rundschreiben angewiesen, bei ihren Dienststellenversammlungen zu erscheinen. Das ist zwar weder üblich noch ausdrücklich erlaubt, aber in einer speziellen juristischen Auslegung möglich.
Es geht um eine geplante Neufassung des Lehrerdienstrechts, das in seinen Grundzügen aus den Jahren 1948 und 1966 stammt. Die Gewerkschafter genieren sich nicht, mit Gräuelpropaganda die Stimmung anzuheizen: 40 Prozent mehr Arbeit! Ein Anschlag auf Frauen und Familien!
Einkommensverlust von einer halben Milliarde Euro! Unterrichtspflicht in fachfremden Fächern! Vernichtung von 15.000 Arbeitsplätzen! Als Zumutung empfinden die Standesvertreter, dass ihre zukünftigen jungen Kollegen in der ersten und letzten Woche der Sommerferien an der Schule erreichbar sein sollen und überdies ganze 15 Stunden pro Jahr verpflichtend eine Fortbildung nachweisen müssten und das in der unterrichtsfreien Zeit!
Beim Ausmaß der Empörung ist durchaus noch Luft nach oben. Aber im Grunde geht es ohnehin nicht um das Dienstrecht. Es geht vielmehr darum, dass 46.000 Lehrer der Höheren Schulen, die sich auch gern Professoren nennen, in ihrem Selbstverständnis zutiefst gekränkt fühlen. Sie wollen nicht mit Pflichtschullehren auf eine Stufe stehen, sie wollen keine Gleichstellung bei Ausbildung, Grundgehalt, Pflichten und Titel: Professor eben.
Sie sind überzeugt, ihnen stünden Privilegien zu.
Keine andere Berufsgruppe hat so viel Macht wie jene der Lehrer. Ihre Schlagkraft wird durch Eltern potenziert, die sich in den seltensten Fällen gegen die Wünsche jener stellen, in deren Händen das schulische Wohl und Fortkommen ihrer Kinder liegt; ihr verlängerter Arm sind Elternvereine, die jede Kampfmaßnahme ergeben abnicken oder in vorauseilendem Gehorsam öffentlich befürworten; ihr Trumpf war stets die Feigheit der jeweiligen Regierungen, die Forderungen immer nachgeben, weil sie den hilflosen Zorn von Eltern und Schülern fürchteten
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