Justiz

Die vielen strafrechtlichen Baustellen für einen FPÖ-ÖVP-Justizminister

Das Justizministerium muss über Causen entscheiden, die mehr als ein Dutzend aktive und ehemalige hochrangige Parteigänger von FPÖ und ÖVP betreffen. Wo genau liegen die politischen Stolperfallen – und welche haben sich schon erledigt? Eine Bestandsaufnahme.

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Schwarz, Rot, Blau, Orange, Unabhängigkeits-Grau (teils mit mehr oder minder stark durchschimmernder Farbkomponente), zuletzt dann Grün: Das Wiener Palais Trautson, Sitz des Justizministers beziehungsweise der Justizministerin, kann seit dem Jahr 2000 durchaus als Chamäleon auf der politischen Farbskala gelten. Der wiederholte Wechsel mag auch daran liegen, dass das Justizressort von früheren Regierungsparteien offenbar nicht so sehr als zentraler Machtfaktor verstanden wurde wie etwa das Finanz- oder das Innenministerium. Es war ein Ressort, das man bei Koalitionsverhandlungen schon einmal abtauschen oder leichten Herzens mit einem mäßig punzierten Quereinsteiger besetzen konnte. Das hat sich gründlich geändert. Jetzt ist die Leitung des Justizministeriums in gewisser Weise der wohl schwierigste – und gleichzeitig undankbarste – Job, den eine allfällige blau-schwarze Bundesregierung zu vergeben hat.

Dafür gibt es mehr als ein Dutzend namentlich bekannte Gründe: Aktuell ermitteln – dem Justizminister weisungsgebundene – Staatsanwaltschaften gegen zahlreiche hochrangige Personen aus den Sphären von FPÖ und ÖVP. Betroffen sind somit beide potenziellen Regierungsparteien. Eine mögliche Lösung wäre: Ein unabhängiger Experte soll es richten. Doch auch das birgt Tücken – schließlich würde ein solcher Ressortchef zwischen allen Stühlen sitzen. Gleichzeitig stünde seine oder ihre Unabhängigkeit unter Dauerverdacht.

Wer auch immer den Job übernimmt, riskiert, sich auf ein politisches Himmelfahrtskommando einzulassen. profil hat recherchiert, welche Causen derzeit den größten Zündstoff bergen – und welche mittlerweile entschärft wurden.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.