Österreich

Dringend gesucht: Talentierter Politiknachwuchs

Parteien finden keine Spitzenkandidaten, Gemeinden keine Bürgermeister: Der große Fachkräftemangel hat auch die Politik, ein Berufsfeld mit Imageproblem, erfasst. Engagierte Initiativen suchen neue Rekrutierungsmethoden. Doch die Zeit läuft davon.

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Jacqueline Bilic spricht „k“ hart wie „kch“ aus und redet auch sonst knackiges Tirolerisch. Kein Wunder: „Ich kenne keine andere Heimat als Tirol“, sagt die 34-Jährige. Doch als ab dem Jahr 2000 die erste ÖVP-FPÖ-Koalition regierte, „drohte mir und meiner Familie bei Fehlverhalten die Abschiebung nach Zagreb. Wir waren plötzlich keine Tiroler mehr.“ Das hat die damalige Schülerin politisiert. Weil: „Jemand wie ich hat in der Politik wenig mitzureden.“ Das will sie seither ändern. 

Bilic arbeitet heute in der IT der Tiroler Kliniken und ist seit zweieinhalb Jahren Ersatzgemeinderätin in Hall, einer 14.000-Einwohner-Stadt zehn Kilometer von Innsbruck entfernt, und werkt als Grüne Bezirkssprecherin. Ihr Traumberuf: Bürgermeisterin von Hall. Ihr großes Anliegen: „Politik muss bei mehr Menschen andocken, bei Jungen, bei Frauen, bei Menschen mit Migrationshintergrund. Viele haben den Eindruck, dass Politik nicht für sie gemacht wird. Und fühlen sich null vertreten.“ Bilic absolviert gerade den Lehrgang „Love Politics“. Der Anfang der Lernreise war eine Überwindung: gemeinsames Zelten in der Militärakademie. „Ich bin alles andere als eine Camperin“, berichtet Bilic, habe aber bei dem Start gelernt, wie wichtig Kooperation ist. Und berichtet begeistert von den Lernmodulen von „Love Politics“: „Ich will mutig Lösungen ausarbeiten, nicht sudern.“

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin