Ridolf Edlinger: "Wenn einzelne Bezirkspolitiker glauben, eine andere Position gegenüber der FPÖ einnehmen zu können, dann wird es sie ordentlich auf die Nase schmeißen."

Edlinger über FPÖ: "Mir würde es die Luftröhre zudrücken"

Der frühere SPÖ-Finanzminister und Rapid- Präsident Rudolf Edlinger über Koalitionen und Kaffeetermine mit der FPÖ.

Drucken

Schriftgröße

profil: Sie werden für die SPÖ Wien in der Kommission sitzen, die bewertet, welche Partei als Koalitionspartner infrage kommt. Wie werden Sie sich dort einbringen? Edlinger: Nachdem man ja "Nazi" nicht sagen darf: Alle, die keine klare Trennung zu faschistoiden Ideologien vornehmen, sind für mich keine Partner.

profil: Nimmt die FPÖ diese Trennung vor? Edlinger: Was mich persönlich bei gesellschaftspolitischen Grundsatzfragen an der freiheitlichen Partei stört: Bei denen gibt es einfach kein Ende nach rechts. Es reicht nicht, dass die FPÖ sagt, "Wir sind keine Nazis", und jeden klagt, der das behauptet. In der FPÖ gibt es Leute, die den Holocaust infrage stellen. Das geht einfach nicht, das ist faschistoides Gedankengut.

profil: Im Burgenland regiert die SPÖ mit der FPÖ. Edlinger: Ich habe keine Verantwortung für die burgenländische SPÖ, das muss sie selbst entscheiden. Ich sitze in der Kommission der Bundespartei für die Wiener SPÖ. Meine antifaschistische Haltung habe ich im Alter nicht vergessen, daher werde ich mich für ebendiese Kriterien einsetzen.

Beide emotional besetzten Wahlkämpfe sind so ausgegangen, dass die Blauen nichts zu melden hatten.

profil: Ist der Kriterienkatalog nicht eine schleichende Unterwanderung der Vranitzky-Doktrin, laut welcher die SPÖ eine Koalition mit der FPÖ bisher ausgeschloss? Edlinger: Die FPÖ hat ein gewisses Profil, und da kann es keine guten und bösen Teile geben. Jede Partei ist für mich eine Einheit. Daher ist die Frage: Kann sich die FPÖ als Gesamtpartei vom rechten Rand abgrenzen und zwar glaubhaft -oder nicht? Wenn ich mir das anschaue, dann muss ich feststellen, dass diese Kriterien von der FPÖ nicht erfüllt werden.

profil: Und in Wien? Edlinger: Das bezieht sich in ganz besonderer Weise auch auf Wien. Was der Statthalter des Heinz-Christian Strache in Wien von sich gibt, ist überhaupt nicht anders interpretierbar: Herr Gudenus ist ein Rechtsausleger.

profil: Der rote Bezirksvorsteher der Donaustadt, Ernst Nevrivy, traf sich unlängst mit Johann Gudenus zum Kaffeeplausch. Würden Sie das auch machen? Edlinger: Soll er, wenn es ihm schmeckt. Es gibt Personen in der freiheitlichen Partei, mit denen auch ich spreche. Und es gibt welche, mit denen könnte ich keinen Kaffee trinken, weil es mir wahrscheinlich die Luftröhren zudrücken würde. Der Herr Gudenus gehört ganz sicher dazu. Ich darf ja nicht sagen, was ich von ihm halte - sonst werden Sie und ich geklagt.

profil: Kann die Abgrenzung zur FPÖ dauerhaft das Mittel zum Erfolg sein? Edlinger: Die Wiener Gemeinderatswahl ist deshalb so ausgegangen, weil es gelang, eine gewisse Emotionalität in den Wahlkampf hineinzubringen. Mit der Frage, wer nächster Bürgermeister wird -Strache oder Häupl. Und da haben sich die Wiener glücklicherweise sehr eindeutig entschieden. Dasselbe ist auch in der Leopoldstadt passiert, nur dass die Emotionalität beim Duell um den zweiten Platz gegeben war. Beide emotional besetzten Wahlkämpfe sind so ausgegangen, dass die Blauen nichts zu melden hatten. Und ich hoffe, dass das bei der Bundespräsidentenwahl auch so sein wird.

profil: In manchen Wiener Bezirken gehen rote Bezirkspolitiker davon aus, dass sie besser reüssieren, wenn sie sich der FPÖ annähern. Edlinger: Diese Theorie stimmt ja nur dann, wenn ich die Bezirksvertretungswahl als isolierten Wahlgang ansehe. Tatsächlich findet sie aber zeitgleich mit der Gemeinderatswahl statt, da gibt es eine Wechselwirkung. Wenn einzelne Bezirkspolitiker glauben, eine andere Position gegenüber der FPÖ einnehmen zu können, dann wird es sie ordentlich auf die Nase schmeißen. Das funktioniert nicht, und das ist auch gut so.

Zwischen dem Michl Häupl und mir hat es nur eine Konfliktlinie gegeben.

profil: Wie lange beschäftigt sich die SPÖ Wien noch mit sich selbst? Edlinger: Ich sehe das nicht so dramatisch, wie sich das so mancher außerhalb der SPÖ wünscht. In der Wiener SPÖ gab es immer unterschiedliche Meinungen, das hat sich nur nicht so transparent abgespielt wie heute -in den sozialen Medien, für alle nachvollziehbar.

profil: Wollen Nevrivy und Co. den Bürgermeister bewusst herausfordern? Edlinger: Es sind ja immer dieselben Leute, die so etwas von sich geben. Ich halte das für entbehrlich. Sie dienen weder denen, die Kritik äußern, noch dem Bürgermeister noch der Wiener SPÖ - das bringt nichts. Wenn man eine Lösung will, kann man das ausreden. Wenn man keine Lösung will, kann man das so machen, wie das manche tun.

profil: Die Nachfolgedebatte befeuert den Konflikt. Edlinger: Sie wissen schon, dass Konrad Adenauer fast 90 Jahre alt war, als er als Bundeskanzler abgetreten ist.

profil: Ein guter Vorsitzender ist auch an der Regelung seiner Nachfolge zu bewerten. Hat sich Michael Häupl damit zu lange Zeit gelassen? Edlinger: Das glaube ich nicht. Zwischen dem Michl Häupl und mir hat es nur eine Konfliktlinie gegeben. Und das ist die ewig nicht zu beantwortende Frage: Ist Rapid oder Austria Wien der bessere Fußballklub?

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.