Elisabeth Feichtinger: "Ach, Sie sind die Bürgermeisterin?"

Elisabeth Feichtinger ist die jüngste Bürgermeisterin Österreichs. Seit 2015 regiert sie Altmünster am Traunsee. Im Interview mit profil spricht sie darüber, warum es so wenige Bürgermeisterinnen gibt und wie sie eine schwarze Gemeinde zu einer roten machte.

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profil: Sie sind die jüngste Bürgermeisterin Österreichs, werden Sie oft auf Ihr Alter reduziert? Feichtinger: Natürlich werde ich oft auf mein Alter oder mein Äußeres angesprochen. Dann sagen die Leute: „Ach, Sie sind die Bürgermeisterin?“ Negative Reaktionen habe ich noch nicht erlebt. Aber ich möchte natürlich vorwiegend in meiner Funktion gesehen werden. Ich mache meine Arbeit und denke darüber kaum nach.

profil:Warum gibt es so wenige Bügermeisterinnen (161 in ganz Österreich)? Feichtinger:Frauen treten meist an, weil sie gefragt werden. Auch ich gehöre zu den Gefragten. Ein Jahr vor der Wahl hat sich mein Vorgänger zurückgezogen. Außer mir wollte niemand so kurzfristig einspringen. Ich glaube generell, dass Frauen mehr abwiegen, ob sie das Zeug dazu haben. Ich finde aber, jede sollte den Mut haben, es zu probieren.

profil:Wie gelang es Ihnen die traditionell schwarze Gemeinde Altmünster „umzufärben“? Feichtinger:Unsere Gemeinde wurde 70 Jahre von der ÖVP und vorwiegend von älteren, männlichen Bürgermeistern regiert. In meinem Wahlkampf habe ich versucht, persönliche Kontakte aufzubauen. Ich habe tatsächlich alle 4706 Haushalte der Gemeinde besucht. Auch wenn es nicht immer so leicht war, alle zu finden. Ich habe mir Zeit genommen, egal welche Gesinnung die Menschen hatten. Ich will ja auch eine Bürgermeisterin für alle sein.

profil:Wie schwierig ist es, in einer früheren ÖVP-Gemeinde als SPÖ-Bürgermeisterin zu regieren? Feichtinger:Also „Nachwirkungen“ spüre ich keine. Natürlich mussten sich die ÖVP-Organisationen umstellen. Aber die Zusammenarbeit funktioniert recht gut. Ich sehe mich auch nicht als Parteisoldatin. Als Bürgermeisterin bin ich für alle da und versuche pragmatisch Lösungen zu finden.

Die Bürgermeister im Nationalrat haben einen anderen Blickwinkel. Wir müssen die Gesetze ja schließlich in den Kommunen umsetzen.

profil:Sie sind nicht nur Bürgermeisterin, sondern auch Nationalratsabgeordnete, wie sehr unterscheiden sich die beiden Tätigkeiten? Feichtinger:Die Bürgermeister im Nationalrat (momentan sind es 17 insgesamt) haben einen anderen Blickwinkel. Wir müssen die Gesetze ja schließlich in den Kommunen umsetzen. Als Bürgermeisterin bin ich viel näher bei den Bürgern. Deren Anliegen kann man dann gut in den Nationalrat mitnehmen und dort versuchen den Gemeinden am Land eine Stimme zu geben.

profil:Was hat sich für Sie im Nationalrat geändert, seit die SPÖ in der Opposition ist? Feichtinger:Der Umgang hat sich auf jeden Fall verändert, seit die schwarz-blaue Regierung an der Macht ist. Es wird über viele Dinge, Anliegen der Opposition, einfach drübergefahren.

profil:Sie haben die Schweigepolitik von Kanzler Kurz kritisiert, gab es danach auf Landesebene eisige Stimmung? Feichtinger:Konsequenzen der schwarz-blauen Landesregierung habe ich keine bemerkt, das wäre auch höchst unprofessionell.

profil:Vergangene Woche fand erneut das Treffen der Bürgermeisterinnen statt, zum ersten Mal auch mit Bürgermeisterinnen aus Nachbarländern. Feichtinger:Das Treffen ist toll, um sich zu vernetzen und sich weiterzubilden. Wichtig ist auch, dass es überfraktionell ist. Wir lernen viel voneinander und nehmen neue Ideen mit nach Hause.

profil:Werden Sie noch einmal als Bürgermeisterin kandidieren? Feichtinger:Man muss schon eine große Menschenfreundin sein in diesem Job. Ich habe jetzt erst Halbzeit, aber wenn ich noch einmal gewählt werde, würde ich gerne weitermachen.

Elisabeth Feichtinger, 30, ist seit 2015 Bürgermeisterin von Altmünster am Traunsee. 2017 zog sie für die SPÖ in den Nationalrat ein. Sie ist gelernte Volks- und Sonderschulpädagogin, sowie Religionspädagogin. Eines ihrer Hobbys ist Motorsägenschnitzen.